Wiesbaden, 7. Dezember 2020. Die Allgemeine Erklärung für Menschenrechte von 1948 sieht ein Recht auf Bildung vor. Die UNAgenda 2030 der Vereinten Nationen schließt daran an und fordert im vierten Entwicklungsziel hochwertige Bildung für alle Menschen weltweit. Wenn Europa derzeit seinen Platz in der Welt neu definiert, ist vielfach von ökonomischen und militärischen Erfordernissen die Rede. Bildung und Wissenschaft finden keine Erwähnung. Hier setzt die Kritik des World University Service an, der seit 1920 für ein Menschenrecht auf Bildung eintritt.
Zu den globalen Herausforderungen, mit denen sich die Europäische Union derzeit befassen muss, gehören neben der Covid-19-Pandemie weltumspannende Umweltprobleme, das Ende zahlreicher multilateraler Abkommen, schwelende militärische Konflikte sowie enorme soziale Ungleichheiten zwischen Nord und Süd. Die EU betont angesichts ihrer Neupositionierung als außenpolitischer Akteur jedoch ausschließlich die militärischen und ökonomischen Erfordernisse. „Die Notwendigkeit von Bildung, die es überhaupt erst ermöglicht, die Komplexität der gegenwärtigen Verhältnisse zu erfassen und zu bewältigen und die Zukunft zu gestalten, bleibt bei einer derartigen Argumentation außen vor“, kritisiert Dr. Kambiz Ghawami, Vorsitzender des World University Service (WUS) anlässlich des Tags der Menschenrechte am 10. Dezember und 70 Jahre nach Verabschiedung der Europäischen Menschenrechtskonvention.
„Nur mit Bildung können sozial, ökologisch und ökonomisch nachhaltige Gesellschaften aufgebaut werden und Bestand haben“, mahnt Dr. Ghawami. Bei allen internationalen Missionen müsse sich Europa fragen lassen, ob es nach den Vorgaben der UN-Agenda 2030 handele. Auch für das eigene Hoheitsgebiet müsse die EU prüfen, ob dort die Agenda mit ihren 17 Nachhaltigkeitszielen vollumfänglich umgesetzt würde. Bildung sei ein wesentlicher Indikator dafür.
Der WUS fordert, dass das vierte Nachhaltigkeitsziel der Agenda 2030 auch für jene Menschen gilt, die sich an den Außengrenzen der EU aufhalten und derzeit auf ihre Legalisierung warten. Neben der menschenwürdigen Versorgung der Menschen mit Unterkünften, Nahrungsmitteln und sanitären Anlagen, müsse die EU auch für die Bildung, vor allem der Kinder und Jugendlichen, sorgen. Für das kommende Jahr wünsche sich der WUS umsichtig eingerichtete Bildungsstätten, so Ghawami, die den Bedürfnissen der an den Rändern von Europa gestrandeten jungen Menschen Sorge trügen.
„Aber auch die Verteidigung der Wissenschaftsfreiheit, ob in Ägypten, Belarus, Brasilien, China, Hongkong, Indien, Nordkorea, Türkei oder in Ungarn, ist ein Grundpfeiler einer demokratischen und rechtsstaatlichen Ordnung. Diese Werte und die Universalität der Menschenrechte sowie die Europäische Menschenrechtskonvention, gilt es zu bewahren“, so Dr. Ghawami abschließend.
Für Rückfragen stehen Ihnen Dr. Ursula Grünenwald und Anne-Sophie Tramer (infostelle[at]wusgermany.de) gerne zur Verfügung.