Pressemitteilung: Schwarze Null auf Kosten ausländischer Studierender

Bruch des Koalitionsvertrages / Bildungselite statt Geldelite
(wus, 27.10.2016) Keine Studiengebühren für ausländische Studierende in Baden-Württemberg: Der World University Service (WUS) stellt sich entschieden gegen die Forderung der baden-württembergischen Wissenschaftsministerin Theresia Bauer nach Studiengebühren für internationale Studierende.

Der Vorschlag der baden-württembergischen Wissenschaftsministerin Theresia Bauer zur Konsolidierung der Haushaltslage ihres Ministeriums, dass Studierende aus Nicht-EU-Mitgliedstaaten Studiengebühren von rund 3000 Euro jährlich leisten sollen, verkennt die Realitäten und existierenden Hürden, denen internationale Studierende ausgesetzt sind und schadet dem Wissenschaftsstandort Baden-Württemberg.

Ich bin sehr erstaunt, dass Wissenschaftsministerin Theresia Bauer unter Hinnahme des Bruchs des Koalitionsvertrages vom Mai 2016 versucht, durch Studiengebühren die haushaltspolitischen Kürzungsabsichten der Grün-Schwarzen Landesregierung zu kompensieren, statt für einen deutlichen Aufwuchs ihres Etatansatzes zu kämpfen“, so Dr. Kambiz Ghawami, Vorsitzender des World University Service (WUS). „Der Grün-Schwarze Koalitionsvertrag vom Mai 2016 bekräftigt in einem Satz – ‚Wir führen keine allgemeinen Studiengebühren ein‘ – eindeutig, dass die Grün-Schwarze Landesregierung keine allgemeinen Studiengebühren einführen wird. Keine sechs Monate später ist dies wohl nicht mehr gültig“, so Dr. Ghawami. „Frau Ministerin Bauer muss sich entscheiden, ob zukünftig die Bildungselite oder die Geldelite in Baden-Württemberg studiert. Sie muss auch darlegen, warum Baden-Württemberg seiner Verpflichtung aus dem Zukunftsvertrag der Welt, der sogenannten Agenda 2030, nicht mehr nachkommen will und wie sie den Bruch des Koalitionsvertrages rechtfertigen will“, so Dr. Ghawami weiter.

Im Zukunftsvertrag, der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals -SDGs), dem im September 2015 auch die Bundesrepublik Deutschland auf der UN-Generalversammlung zugestimmt hat, ist u. a. im Punkt 4 b festgelegt, dass bis 2020 weltweit die Zahl der verfügbaren Stipendien für Entwicklungsländer, insbesondere für die am wenigsten entwickelten Länder, wesentlich zu erhöhen sind.

Bisher erhalten nur rund 15 Prozent der ausländischen Studierenden ein Stipendium in Deutschland. Damit ist der Großteil ausländischer Studierender darauf angewiesen, sich das eigene Studium über Nebenjobs zu finanzieren. Die Erhebung von Studiengebühren würde eine große finanzielle Hürde für Interessierte aus afrikanischen, asiatischen oder lateinamerikanischen Ländern darstellen. Diese Barriere könnte nicht einmal über Stipendien abgeschafft werden.

Es ist bemerkenswert, dass der Vorstoß von Frau Ministerin Bauer auch auf entschiedenen Widerspruch ihrer eignen Parteifreundinnen und –freunde gestoßen ist. Kai Gehring, Sprecher von Bündnis90/DIE GRÜNEN im Deutschen Bundestag für Hochschule, Wissenschaft und Forschung, erinnert zurecht daran, dass die Pläne aus Baden-Württemberg, Studiengebühren für Nicht-EU-Bürger einzuführen, eine hochschul-, wirtschafts- und sozialpolitisch kontraproduktive Weichenstellung wäre. Er fügte hinzu, dass es langfristig teurer wäre, bei Bildung und Wissenschaft zu sparen. Grün-Schwarz sollte genauso wie die grün-rote Vorgängerregierung im Zukunftsressort Wissenschaft weiter vorbildlich investieren und es vom Rotstift ausnehmen. Einsparungen bei Zukunftsinvestitionen wären der falsche Weg, um die Schuldenbremse zu erfüllen.

Ich kann mich den Ausführungen von Kai Gehring nur anschließen“, so Dr. Ghawami, „der klar und deutlich ausgeführt hat, dass das gebührenfreie Studium bundesweit wie auch in Baden-Württemberg ein Standortvorteil ist, der den Studienort Deutschland weltweit attraktiv positioniert hat. Mit Studiengebühren für internationale Studierende wären negative Auswirkungen auf unsere Willkommenskultur, Internationalisierung und Fachkräftesicherung vorprogrammiert – ein Risiko, das wir nicht eingehen sollten. Internationale Studierende bereichern unser Land und sorgen für hochqualifizierte Einwanderung: ob als künftige Fachkräfte hierzulande oder als Freunde und Botschafter Deutschlands in der Welt.“

Der gesellschaftliche Konsens, der „Campus-Maut“ eine klare Absage zu erteilen und mehr Bildungsteilhabe zu ermöglichen, sollte nicht aufs Spiel gesetzt werden, indem schleichend durch die Hintertür wieder, beginnend mit Studiengebühren für Nicht-EU-Bürger, die „Campus-Maut“ für alle „salonfähig“ gemacht wird.

Es bleibt zu hoffen, dass in den parlamentarischen Beratungen des Haushaltsentwurfs 2017 der baden-württembergischen Landesregierung die Vernunft obsiegt und die „Campus-Maut“ für ausländische Studierende gestrichen wird. Der World University Service – Deutsches Komitee e. V. (WUS) ist eine internationale, politisch und konfessionell nicht gebundene Organisation, bestehend in über 50 Ländern der Erde.

 

Der World University Service – Deutsches Komitee e. V. (WUS) ist eine internationale, politisch und konfessionell nicht gebundene Organisation, bestehend in über 50 Ländern der Erde. WUS versteht sich als eine internationale Gemeinschaft von Studierenden, Lehrenden und Mitarbeitenden im Bildungssektor, die für das Menschenrecht auf Bildung eintritt.

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