Viele schätzten die liebenswürdige Gastgeberin, die begeisterte Erdenrund-Rezepte-Erproberin und sportliche Naturliebhaberin, Sigrid Abrigada. Auch mit ihrer Haltung wurde die Viel-Sprachige zur Stütze mehrerer Generationen von Studentenpfarrern an der ESG Frankfurt, von Anfang der 60er Jahre bis 2001. Ja, als personifizierte ESG nahmen sie viele ausländische Studierende wahr, andere als Kollegin auf Augenhöhe mit hervorragenden Personal-, Sach- und Strukturkenntnissen und immer auch die Finanzierungsmöglichkeiten umsichtig im Blick. Mit ihrer zuverlässigen, freundlichen, einladenden, aufmunternden Ausstrahlung, ihrem Selbstbewusstsein - gepaart mit Bescheidenheit, ihrer Einsatzbereitschaft und ihrer wachen Einfühlungskraft konnte sie für unzählige Studierende und ausländische StipendiatInnen ein Willkommens-Gefühl und so auch eine echte Studien-und Persönlichkeitsentwicklungs-Hilfe schaffen – auch für deren weitere Perspektiven beim gestaltenden Aufbau später in ihren Heimatländern.
Flotter Schwung, schnittiger Fahrradhelm, darunter ein wärmend zugewandtes, verschmitztes Lächeln - so kennen viele in Frankfurt Sigrid Abrigada - unermüdlich auf ihrem Drahtesel zwischen Oberrad und der Frankfurter ESG (damals im Westend) und an vielen anderen Orten in der Stadt unterwegs. Als Flüchtlingskind in Norddeutschland aufgewachsen, erlebte sie durch ihre Arbeit im Ökumenischen Rat der Kirchen prägende Jahre in Genf. Ein Sohn entstammt ihrer Ehe mit einem (Exil-)Angolaner. Nie hatte sie aufgehört, sich den Befreiungs-Anliegen der weltweiten Ökumene zu öffnen, sondern wo immer es ging, brachte sie dann in Frankfurt/Main jahrzehntelang Zeit, Kraft, Engagement und Kreativität für die tatkräftige Solidarität mit Menschen auf, deren Rechte beschnitten wurden. Viele der ESG-Arbeitskreise zu den Problemen des Kolonialismus, zu den Befreiungs- und Demokratisierungs-Bewegungen in Asien, Afrika, Südamerika, auch verlockende Sprachkurse, christlich-muslimische Begegnungen plante und gestaltete sie kompetent und kreativ mit. Zugleich wusste sie sozial-diakonisch immer auch einen Tipp bis hin zu handfesten Hilfen für die vielen praktischen Probleme, denen sich die ausländischen Studierenden oft ausgesetzt sahen. Für viele wurde so der meist sehr schwierige Beginn der Zeit in Deutschland zu einem gangbaren Weg in eine bereichernde internationale Verbundenheit. Gerade weil sie vom Willen zu einer grundlegenden Besserung der Verhältnisse angetrieben und beseelt war, gründete sie Ende der 70er Jahre das Frankfurter Rechtshilfekomitee für Ausländer e.V. mit, arbeitete lange im Vorstand, als Schatzmeisterin - faktisch als Geschäftsführerin - und beriet überaus kompetent auch dort - zusammen mit Rechtsanwälten - viele Recht Suchende in Fragen des Ausländerrechts, des Mietrechts, des Asylrechts, des Sozialrechts...... Regelmäßig ging sie Fragen der Überwindung von menschenunwürdigen Zuständen unbeirrt und aktiv auch im Frankfurter Flüchtlingsbeirat nach. Sie, die so gerne kraftvoll durch die Seen schwamm, die alle Wege umweltbewusst mit dem Fahrrad erledigte – unvergessen sind auch die jährlich von ihr im Frühsommer phantasievoll vorbereiteten ESG-Fahrrad-Ausflüge ins Umland –, die die freie Natur so sehr schätzte, konnte keinen beweglichen Ruhestand mehr genießen, sondern erlitt gravierende Krankheiten und musste die letzten zehn Jahre ihres Lebens extrem zurückgeworfen verbringen. Diese so hilflos stimmende, bedrückende Eingeschränktheit (ohne Möglichkeiten zur sprachlichen Kommunikation in den letzten Jahren) lässt aber niemanden vergessen, wie sie - orientiert am Ziel einer immer wachen Solidarität gerade mit denen, die an den Rand gedrängt wurden - durch viele Jahrzehnte hindurch hoch einsatzbereit mit ungezählten jungen Menschen hier in Frankfurt und darüber hinaus lebensstiftende Perspektiven entwickeln half. Wir gedachten ihrer bei der Urnenbeisetzung auf dem Oberräder Waldfriedhof am 27.1. 2015.
Beitrag, mit Dank für wichtige Anregungen und Hinweise von Diether Heesemann, von Pfr. Luu Hong Khanh u.a. Gisa Luu