Education as an identity creating factor within integration processes? − Bildung als identitätsstiftender Integrationsfaktor?

Autor: Gruber, Bernadette
Jahr: 2017

Bachelorarbeit, Fachbereich für Psychologie, Pädagogik und Sportwissenschaft, 56 Seiten, engl.

Zusammenfassung:

In der öffentlichen Debatte werden Begriffe gerne wild und willkürlich durcheinandergeworfen, ohne sich intensiver mit den einzelnen auseinander zu setzen. Wenn es um Integration geht, steht Deutschland zwar für Vielfalt, aber bitte in homogener Erscheinung nach außen.
"Das Letzte, was Bildung verspricht, ist (…) das Erste, was ihre gegenwärtigen Verfechter im Sinn haben: so etwas wie eine umfassende kulturelle Stabilität, eine Gewissheit von Kenntnissen und Fähigkeiten, die allen Bürgern gemeinsam wäre. Dabei liegt das Kollektiv gar nicht in ihrer Reichweite. Wenn Bildung (in einem älteren Sinn) glückt, ist sie nicht einmal demokratisch. Denn gelingen kann sie nur im einzelnen Menschen, indem dieser einen kulturellen Gegenstand gedanklich ergreift und zu seiner Sache macht – um seinetwillen und aus keinem anderen Grund.“ (Steinfeld, 2017, S.3)
Das Zitat aus der Einleitung der Arbeit stellt das aktuelle Dilemma des Bildungsbegriffes in öffentlichen Debatten dar. Identität und Bildung hatten ein schwieriges Verhältnis in der Vergangenheit, besonders im Deutschland des letzten Jahrhunderts. Obwohl Bildung im formalen Kontext oft noch als standardisierende Methode umgesetzt wird, gibt es neben theoretischen Konzepten, die ihre Anfänge mit dem humboldtschen Bildungsideal im 19. Jahrhundert haben, auch bereits Umsetzungsversuche Bildung demokratischer und individualisierter zu gestalten. Durch gelebte Kooperation, Mitbestimmungsrechte und gleiche Chancen für alle Beteiligten, birgt diese neuere Form der formalen Bildung ein identitätsstiftendes Potential jenseits der Ideologisierung.

Trotz der mangelhaften Studienlage, die sich diesem Phänomen widmet, das in zahlreichen jungen Demokratien, multiethnischen Staaten und Zuwanderungsgesellschaften an Bedeutung gewinnt, gibt es durchaus bereits empirische Befunde, welche einen identitätsstiftenden Faktor formaler Bildung andeuten. Durch die Auswertung von zehn empirischen Studien aus den verschiedenen Weltregionen wird die Rolle der Bildung in Integrationsprozessen moderner, pluralistischer Gesellschaften untersucht. Auf der Basis von Begriffsdefinitionen wird einerseits versucht, mehr Klarheit aus wissenschaftlicher Sicht in die in vielen Nationalstaaten stattfindende, jedoch begrifflich vage öffentliche Integrationsdebatte zu bringen. Andererseits soll Aufmerksamkeit auf das aktuell zersprengte Feld der Bildung als Bezugsgröße der Identität multikultureller Gesellschaften gelenkt werden. Durch das Herausarbeiten der Parallelen in gesellschaftlichen Entwicklungsprozessen weltweit, wird das Forschungsgebiet als zukunftsorientierter Teilbereich mit globaler Relevanz skizziert. Das Aufzeigen bestehender empirischer Lücken, soll zu weiteren Forschungsaktivitäten in diesem Gebiet anregen.

Über die Schnittstelle zu Forschungsthemen der Identitätsentwicklung, sozialer und ethnischer Identität sowie Konfliktfeld zwischen Eigen- und Fremdgruppe, wurde im Rahmen der wissenschaftlichen Arbeit ein aktueller gesellschaftlicher Diskurs aufgegriffen, der oft mit der Forderung nach mehr Bildung endet. Was formale Bildung in pluralistischen Gesellschaften maximal leisten kann, ist das Schaffen von Teilhabemöglichkeit. Durch den Zugang zu gleichen Chancen bei gleichwertiger Behandlung, kann sich ein Zugehörigkeitsgefühl entwickeln. Identifikation mit der Klasse, der Schule oder dem Ort kann Partizipatiön fördern und erleichtern. Die Interaktion zwischen gesellschaftlichen Akteuren muss bereits im Kleinen, im formalen Bildungskontext, passieren, damit sie auch im Großen, in der Gesellschaft, Alltag werden kann. Wir brauchen weniger theoretische, sondern praktisch gelebte Werte in der Bildung, die ein kooperatives Miteinander propagieren.
Auf der Grundlage des ökosystemischen Ansatzes von Bronfenbrenner (1982) wurde die Thematik von verschiedenen Ebenen aus betrachtet, für eine möglichst umfassende Analyse des Potentials von formaler Bildung als identitätsstiftender Faktor in multiethnischen Gesellschaften.