Examensarbeit, Fachbereich Sonderpädagogik, 67 Seiten, dt.
Zusammenfassung:
„Sprache ist der Schlüssel zur Welt.“ Mit diesem Satz soll Wilhelm von Humboldt die Bedeutsamkeit von Sprache für den einzelnen Menschen und für das Zusammenleben dargestellt haben. Sprache begegnet Menschen in sämtlichen Lebensbereichen. Sie ermöglicht die Kommunikation und deren richtiger Gebrauch wird als eine wichtige, aber nicht ausschließliche, Schlüsselkompetenz für das Lernen angesehen.
Die vorliegende Examensarbeit betrachtet Schülerinnen und Schüler mit vorrangigem Förderschwerpunkt Sprache bezüglich ihres mathematischen Lernens. Sie stellt Studien vor, die zeigen, dass diese Schülerinnen und Schüler im Bereich Mathematik schlechtere Ergebnisse erzielen und ihr mathematisches Lernen im Vergleich zu Kindern der gleichen Jahrgangsstufe ohne den genannten Förderbedarf erschwert sein kann, obwohl sich Kinder mit der Zuordnung zu dem vorrangigen Förderschwerpunkt Sprache definitionsgemäß in ihrem Intelligenzgrad nicht von Kindern ohne diesen Förderbedarf unterscheiden. Es werden Gründe (Fallstricke) vorgestellt, die hierfür ursächlich sein könnten, um anschließend zu testen, in wieweit die Anwendung des Konzepts der „Leichten Sprache“ Auswirkungen auf die Ergebnisse des Deutschen Mathematiktests, Test für dritte Klassen (DEMAT 3+) bei den Lernenden zeigt.
Die vorliegende Arbeit identifiziert allgemeine linguistische Fallstricke auf den vier Sprachebenen (phonetisch-phonologisch, semantisch-lexikalisch, morphologisch-syntaktisch und kommunikativ-pragmatisch). Die Schwierigkeiten der betroffenen Schülerinnen und Schüler können sich im Sprach-, Hör- und Lesesinnverstehen sowie in Defiziten beim Symbolverständnis, der auditiven Figur-Grund-Diskrimination, der auditiven Speicherung und der Serialität zeigen.
Es schließt sich eine synoptische Betrachtung der Bereiche Sprache und Mathematik an. Hierzu wird beschrieben, welche Schülerinnen und Schüler dem Förderschwerpunkt Sprache zugeordnet werden. Anschließend werden linguistische Grundlagen aufgezeigt und auf die linguistischen Auffälligkeiten von Kindern mit Förderschwerpunkt Sprache eingegangen, um die beschriebene Problematik umfassender beleuchten zu können. Vier vorgestellte Studien zeigen beispielhaft den Zusammenhang zwischen sprachlichen und mathematischen Kompetenzen auf, um anschließend zwei mögliche Erklärungsansätze zu betrachten.
Nachfolgend werden die linguistischen Anforderungen beim Erwerb mathematischer Kompetenzen und deren Diagnostik dargestellt. Hier wird beleuchtet, in wieweit Sprache das Unterrichten und Lernen im Fach Mathematik beeinflusst. Die vorliegende Arbeit stellt diese Zusammenhänge durch Verknüpfung der einzelnen Sprachbeeinträchtigungen mit dem Erwerb der jeweiligen mathematischen Kompetenzen beispielhaft dar und gibt somit auch Hilfe für die Unterrichtsplanung und Durchführung.
Das Konzept der Leichten Sprache wird vorgestellt, um dieses anschließend auf den Deut-schen Mathematik Test für dritte Klassen (DEMAT 3+) anzuwenden. Dies stellt einen Versuch dar, die sprachlichen Schwierigkeiten des Mathematik Tests zu reduzieren, sodass vorrangig die Mathematikleistungen der Schülerinnen und Schüler erfasst werden können. Der so mo-dulierte Test und der ursprüngliche DEMAT werden bei Schülerinnen und Schülern der 4. Klassen einer Sprachheilschule angewendet und die Ergebnisse verglichen. Hierbei stellt sich die Frage, ob sich Hinweise ergeben, dass die sprachliche Modellierungen des Tests zu verbesserten Testergebnissen führen.
Die in der vorliegenden Arbeit beschriebenen Untersuchungsergebnisse können aufgrund der kleinen Stichprobe und des gewählten Untersuchungsdesigns nur Hinweise für die Konzeptionierung einer wissenschaftlich statistisch auswertbaren Folgeerhebung zu dem Zusammenhang zwischen sprachlicher Modellierung und den jeweiligen Testergebnissen sein. Die durchgeführten und dokumentierten Testungen (DEMAT 3+/DEMAT 3+ LS) belegen hier noch keine empirische Evidenz der besseren mathematischen Ergebnisse bei Verwendung des Konzepts der Leichten Sprache. Sie führen aber zu detaillierten Vorschlägen für zukünftige veränderte Testdurchführungen und Folgeuntersuchung. Die Arbeit beleuchtet darüber hinaus allgemeine Möglichkeiten Kinder mit Förderschwerpunkt Sprache beim Erwerb mathematischer Kompetenzen auf der sprachlichen Ebene zu unterstützen.