Bachelorarbeit, Fachbereich International Business, 58 Seiten, engl.
Zusammenfassung:
Thema: Die Methodik der Selbstexperimente und deren Potenziale für eine transformative Bildung
Obwohl die Debatte um eine nachhaltige Entwicklung in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen hat und viele öko-politische Maßnahmen implementiert wurden, sind neoliberale Gewohnheiten des Konsums und des Produzierens immer noch sehr stark in unseren Systemen verankert. Jedoch sind solche Konzepte, wie etwa ein kontinuierliches Wirtschaftswachstum, nicht mit den Prinzipien der Nachhaltigkeit vereinbar (Blühdorn & Welsh, 2008). Die Herausforderung, sowohl die Brücke zwischen Nichtwissen und Wissen, als auch diese zwischen Wissen und Handeln zu schlagen, setzt oft in der Forschung der Umweltpsychologie und der Pädagogik an (Stengel, Liedtke, Baedeker, & Welfens, 2008). Dabei gewinnt die Rolle einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) immer mehr an Bedeutung. Aber auch BNE Formaten mangelt es an der Reflexion von nichtnachhaltigen im Alltag verankerten Praktiken und Anschauungen (Singer-Brodowski, 2016). Daher ist es auch nicht unbegründet, dass das Konzept Transformativer Bildung immer öfter im bildungspolitischen Nachhaltigkeitsdiskurs auftaucht. Das Konzept wurde vor Allem durch das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (2011) bekannt. Singer-Brodowski (2016) komplementiert die Idee einer transformativen Bildung mit einem theoretischen Beitrag des transformativen Lernens. Wie Interventionen hingehend solcher Lernprozesse aussehen können, ist dabei noch kaum untersucht. Daher untersuche ich in meiner Abschlussarbeit die Methodik der Selbstexperimente im Kontext „Klimaschutz im Alltag“ hinsichtlich ihrer Potenziale für eine transformative Bildung.
Perspektiven des Transformativen Lernens bilden dabei einen Großteil der theoretischen Rahmen. Des Weiteren werden das Konzept der Selbstexperimente und die in der Arbeit verwendete Definition von Transformation vorgestellt. Mithilfe der Transformativen Lerntheorie, können bereits vorläufige Antworten hinsichtlich der Potenziale von Selbstexperimenten geliefert werden.
Die Forschungsmethode setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Ein Praktikum in dem in der Karlsruher Oststadt verorteten Reallabor „Quartier Zukunft – Labor Stadt“ gewährleistet dabei den Zugriff auf das Feld und einen Datensatz, der aus einem „Selbstexperiment-Workshop“ im Rahmen der „Karlsruher Frühlingstage der Nachhaltigkeit 2019“ hervorgeht. Die Daten in Form von 21 Dokumentationsbögen sind von qualitativer Art. Sie dienten den Experimentierenden als Hilfsmittel während des Prozesses und gleichzeitig als Mechanismus zur Datenerhebung. Um die Aussagekräftigkeit über die Potenziale der Selbstexperimente zu stärken, wurden knapp eineinhalb Jahr später drei narrative Interviews nach Schütze (1983) mit Teilnehmer/-Innen des Workshops durchgeführt. Aufgrund der großen Zeitspanne, konnte der Zugriff auf weitere Teilnehmer/-Innen nicht gewährleistet werden. Beide Datensätze werden anhand der Grounded Theory Methode nach Strauss (1991) analysiert. In einem anschließenden Prozess werden die drei identifizierten Hauptkategorien Reflexion, Diskurs und AHA-Momentehinsichtlich deren Rolle im Lernprozess der Teilnehmer/-Innen diskutiert.
Schließlich haben sowohl die angewandte Theorie, als auch die beiden Datensätze bewiesen, dass Selbstexperimente im spezifischen Kontext „Klimaschutz im Alltag“, aufgrund ihres emanzipatorischen und prozessorientierten Charakters, große Potenziale für transformative Lernprozesse aufweisen. Durch den kontinuierlichen Reflexionsprozess während des Experiments und den regelmäßigen Austausch mit sowohl dem sozialen Umfeld, als auch den Tandempartner/-Innen direkt, konnten Perspektivwechsel und Verhaltensänderungen der Teilnehmer/-Innen festgestellt werden. Ein bisher benachteiligter, aber in dieser Arbeit bedeutender Faktor für langfristige Veränderung, stellten die AHA-Momente dar, die durch den explorativen Charakter der Selbstexperimente gefördert werden. Somit bieten die Selbstexperimente einen förderlichen Rahmen für Lernende, sich selbst und die eigenen Annahmen kritisch zu hinterfragen und sich während des Prozesses mit anderen auszutauschen. Abschließend tragen Selbstexperimente in diesem spezifischen Kontext zu einer transformativen Bildung bei, indem Lernende einen hohen Grad an Autonomie und die Kompetenz des kritischen Denkens entwickeln.
Reference List
Blühdorn, I., & Welsh, I. (Eds.) (2008). Politics of unsustainability: Eco-politics in the postecologist era. Oxfordshire: Routledge.
Schütze, F. (1983). Biographie Forschung und narratives Interview. Neue Praxis, 13(3), 283–293, from https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-53147. Singer-Brodowski, M. (2016). Transformative Bildung durch transformatives Lernen. Zur Notwendigkeit der erziehungswissenschaftlichen Fundierung einer neuen Idee. ZEP : Zeitschrift für internationale Bildungsforschung und Entwicklungspädagogik, 39(1), 13–17.
Stengel, O., Liedtke, C., Baedeker, C., & Welfens, M.-J. (2008). Theorie und Praxis eines Bildungskonzepts fuer eine nachhaltige Entwicklung. Umweltpsychologie, 12(2), 29–42.
Strauss, A. L. (1991). Grundlagen qualitativer Sozialforschung: Datenanalyse und Theoriebildung in der empirischen soziologischen Forschung. Übergänge: Bd. 10. München: W. Fink.
WBGU (2011). World in transition: A social contract for sustainability. Berlin: Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (Germany), from https://www.wbgu.de/en/publications/publication/world-in-transition-a[1]social-contract-for-sustainability.