Die ‚Flüchtlingskrise' − Ein soziales Problem und dessen Vermittlung durch eine Achtsamkeitspraxis in der Ausbildung Sozialer Arbeit

Autor: Kreß, Jakob
Jahr: 2017

Bachelorarbeit, Studiengang Soziale Arbeit, 52 Seiten, dt.

Zusammenfassung:

Die vorliegende Bachelorarbeit zeigt mögliche Sichtweisen eines sozialen Problems, in diesem Falle der vermehrten Zuwanderung von Menschen ab 2015, welche im öffentlichen Diskurs vom Schlagwort der ‚Flüchtlingskrise‘ begleitet wurde. Sodann fragt sie nach einer Möglichkeit, angehenden Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern die konstruierte Realität von sozialen Problemen im Allgemeinen und im Speziellen der ‚Flüchtlingskrise‘zu vermitteln und stellt hierzu eine Methode einer Achtsamkeitspraxis vor.

Um von der Konstruktion eines als soziales Problem ausgemachten Phänomens auszugehen, wird mit Axel Groenemeyer gezeigt, dass gesellschaftliche Problemdiskurse zu Institutionalisierungen führen können, von denen die Soziale Arbeit und ihre Adressatinnen und Adressaten unmittelbar betroffen sind. Anschließend wird mit Hilfe einer Begriffsanalyse dargelegt, dass sowohl der Begriff des ‚Flüchtlings‘ als auch der Begriff der ‚Krise‘ historisch gewachsene Bedeutungen transportieren, die zum Verständnis der heutigen Wahrnehmung der ‚Flüchtlingskrise‘ beitragen.

Eine heutige Wahrnehmung des sozialen Problems als Bedrohung durch ‚Flüchtlinge‘ wird anhand verschiedener Positionen dargestellt, welchen ein Verständnis der ‚Flüchtlingskrise‘ aus Sicht einer kritischen Sozialen Arbeit gegenübergestellt wird. Dieses erschließt sich unter Bezugnahme auf das Modell der Externalisierungsgesellschaft nach Stephan Lessenich als Deutung der ‚Flüchtlingskrise‘ als das konfrontiert Werden der westlichen Welt-Hemisphäre mit den bisher in andere Teile der Welt ausgelagerten Folgekosten ihres ökonomischen, sozialen und ökologischen Handelns. Das Wissen um die Auslagerung wird diesem Verständnis nach im öffentlichen Diskurs weitgehend verdrängt, weshalb die ankommenden Menschen als externe, quasi naturgegebene Bedrohung aufgefasst werden.

Ausgehend von der psychoanalytischen Annahme, dass individuell und kollektiv verdrängte Inhalte dem Bewusstsein auf rationaler Ebene nicht ohne Weiteres zugänglich sind, wird zuletzt der Frage nachgegangen, wie eine gelingende Lehre Sozialer Arbeit stattfinden kann, die den Studierenden diese Konstruktion sozialer Realität nahebringen will, um so der Objektivierung von Menschen beispielsweise als ‚Flüchtlinge‘ und der Verletzung ihrer Integrität entgegenzuwirken. Vorgeschlagen wird zum einen eine direkt intervenierende Achtsamkeitspraxis, die den Studierenden unmittelbar im Augenblick des Vermittelns helfen kann, die eigene Eingebundenheit bei der Produktion von Zuschreibungen zu erkennen. Zum anderen werden die Effekte einer regelmäßig ausgeübten Achtsamkeitspraxis auf die Wahrnehmung von gesellschaftlicher Realität beschrieben. Diese kann helfen, soziale Selbstverständlichkeiten, wie zum Beispiel die Wahrnehmung der ‚Flüchtlingskrise‘ im öffentlichen Diskurs, zu analysieren und nachhaltig zu hinterfragen.