Masterarbeit, Fachbereich Sozialwesen, 118 Seiten, dt.
Zusammenfassung:
Das Ziel der vorliegenden Masterarbeit ist es, die Aufnahmeerwartungen von Geflüchteten aus Ghana darzulegen und zu überprüfen, inwieweit diese den tatsächlichen Gegebenheiten im deutschen Asylsystem entsprechen. Dazu führt die Autorin im theoretischen Teil unter verschiedenen Gesichtspunkten ausführlich in das Land Ghana ein, um ein grundlegendes Verständnis für die Lebensbedingungen im Land zu vermitteln. Sie erläutert die theoretische Grundlage zum Thema „Migrationsentscheidungen und Migrationsmotive“ mit speziellem Fokus auf afrikanischer Migration, die in der Forschung wenig Beachtung findet. Ein Ergebnis dieser theoretischen Darlegung besteht darin, dass es durch überlappende Motive oft schwer möglich ist, klar zwischen freiwilliger und unfreiwilliger bzw. politischer und ökonomischer Flucht zu unterscheiden.
Die Bedingungen für ghanaische Asylbewerber in Deutschland werden im nächsten Schritt beschrieben. Insbesondere wird auf die Etikettierung Ghanas als sicheres Herkunftsland und auf die damit einhergehenden Restriktionen eingegangen. Der theoretische Teil schließt mit einer kritischen Diskussion zum Thema „Wirtschaftsflüchtling“ und „Asyl und Arbeit“. Die Unterteilung in „sichere Herkunftsländer“, die vor allem der Abschreckung dient, und der Begriff des „Wirtschaftsflüchtlings“ werden kritisiert, da sie Diskussionen in der Bevölkerung über „echte“ Flüchtlinge und „unechte“ Armutsflüchtlinge fördern, obwohl belegt wurde, dass die Grenzen zwischen freiwilliger und unfreiwilliger Migration fließend sind.
Im empirischen Teil geht die Autorin der Frage in vier qualitativen offenen Leitfadeninterviews mit nach Deutschland geflüchteten Ghanaer*innen nach, inwieweit deren persönliche Erwartungen an das Aufnahmeland Deutschland den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen. Die Ergebnisse der Interviews decken sich größtenteils mit der Studie von Scholz aus dem Jahr 2013 zur Zielstaatensuche. Das Forschungsergebnis der Masterarbeit zeigt, dass nur einer von vier Interviewpartner*innen die Erwartung, ein besseres Leben in Deutschland führen zu können, erfüllt sieht. Die drei anderen Interviewpartner*innen sind enttäuscht von den Gegebenheiten im deutschen Asylsystem. Eine Interviewpartnerin wäre bei besserer Informationslage sogar nicht nach Deutschland ausgewandert. Die schlechte Informationslage zeigt, dass die Einstufung Ghanas als „sicheres Herkunftsland“ das Ziel der Abschreckung verfehlt. Die Autorin lehnt die Einteilung in „sichere Herkunftsländer“ unter anderem aus diesem Grund ab und plädiert dafür, dass alle Menschen gleichermaßen und unabhängig der Staatsbürgerschaft ein Recht auf Asyl haben sollten, wenn Asylgründe vorliegen.
Auf Grundlage des Forschungsergebnisses schlägt die Autorin im Resümee Migrationsberatungszentren in Ghana vor, wie sie bereits in einigen Westbalkanstaaten eröffnet wurden, um legale Wege der Auswanderung im Rahmen eines Einwanderungsgesetzes aufzuzeigen und von illegaler Ausreise abzuraten, woraus ein Triple-win-Effekt für das Herkunfts- und Aufnahmeland sowie für die Betroffenen, deren Informationslage deutlich verbessert werden könnte, entstehen könnte. Hierzu müssten die Soziale Arbeit und die Entwicklungszusammenarbeit eng miteinander kooperieren. Ein weiterer Vorschlag der Autorin besteht darin, gemäß schwedischem Vorbild unter bestimmten Bedingungen einen Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen, auch wenn der Asylantrag abgelehnt wurde.