Masterarbeit, Fachbereich Erziehungswissenschaften, 87 Seiten, dt.
Zusammenfassung:
Bildung – als lebenslanger Prozess und immer wieder neu zu bewältigende Aufgabe – bedeutet eine Auseinandersetzung mit der Welt insgesamt. Ziel von Bildung ist die Orientierung des Lernenden in der Welt als eigenständige Person, die Übernahme von Verantwortung, die Ausbildung eines kritischen Bewusstseins und die Entwicklung von Handlungsbereitschaft. Bildung bedeutet „sich bilden".
Zu jeder Zeit, jedoch insbesondere in Zeiten des Klimawandels und gesellschaftlicher Veränderungsprozesse, wie wir sie heute erleben, hat die Pädagogik, egal welcher Zielsetzung, die Verantwortung, den Herausforderungen unserer Zeit gerecht zu werden.
Ein Wandel ist auf vielen Ebenen unserer Gesellschaft von Nöten. Die Bildung spielt dabei eine zentrale und verantwortungsvolle Aufgabe und Rolle, Menschen zu Mitgestalter*innen ihrer Welt zu befähigen. Was braucht es demnach um in Zeiten gesellschaftlicher und ökologischer Krisen nicht den Mut zu verlieren und sich gestärkt für ein Miteinander einzusetzen?
Wie sich herausstellt, genügt Wissen allein nicht: Die Menschen müssen lernen, ihr Handeln zu verändern, neue Einstellungen und Haltungen zu entwickeln.
Hierbei stellte sich die Frage, welche Bildungsansätze geeignet sind, dies zu ermöglichen. Die Annahme, die mich zu dieser Masterarbeit bewegt hat, ist, in der Abenteuer- und Erlebnispädagogik eine pädagogische Disziplin zu finden, die das Potenzial beinhaltet, Menschen für einen nachhaltigen Wandel zu stärken. Diese Annahme beruht auf ihrer positiven Haltung zur Krise. Krisen und Umbrüche sind in unserer Gesellschaft jedoch sehr häufig negativ besetzt und rufen negative Emotionen hervor. Hier hat sich für mich, mit Hilfe der Umweltpsychologie herauskristallisiert, dass es von großer Wichtigkeit ist, uns mit unseren Gefühlen und Emotionen, ob positiven oder negativen, zu beschäftigen und einen Zugang zu diesen zu entwickeln. Achtsamkeit und eine entsprechende Gesprächskultur unterstützen u.a. diesen Zugang, um nur einige Beispiele zu nennen. Als weiteren wichtigen Aspekt werden in dieser Arbeit die Naturverbundenheit und das Fehlen derselben in unserer modernen Gesellschaft genannt. Dabei stellt sich die Frage, wie Menschen wieder eine Verbindung zu ihrer Umwelt herstellen können und sich als Zugehörige in einer Mitwelt empfinden.
Die Masterarbeit zieht Vergleiche zwischen der Bildung für nachhaltige Entwicklung und der Abenteuer- und Erlebnispädagogik indem sie beide unter folgenden Gesichtspunkten betrachtet: zentrale Begriffe, geschichtliche Entwicklung sowie bildungstheoretische Rahmung (Handlungsfelder, Ziele, Methoden und Ansätze etc.). Zudem untersucht sie kritische Stimmen im Diskurs sowie Impulse anderer Bildungskonzepte, wie dem Globalen Lernen oder der Transformativen Bildung. Der Schlussteil bildet eine Sammlung an Potenzialen der Abenteuer- und Erlebnispädagogik für eine nachhaltige Bildung im Sinne einer lebenswerten Zukunft, sowie einen Maßnahmenkatalog, wie erlebnispädagogische Bildungsanbieter Nachhaltigkeit auf allen Ebenen umsetzen können. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Abenteuer- und Erlebnispädagogik Antworten bereithält, auf der Suche nach geeigneten Methoden. Wichtig für einen Beitrag zu einer „nachhaltigen Bildung“ scheint mir der grundlegende Wille zu sein. So kann die Erlebnispädagogik nur dann zu einer solchen Bildung beitragen, wenn sie sich dem Diskurs stellt und ihre ökologische und soziale Verantwortung annimmt. Hierfür ist es wichtig, sich die Schwächen und Grenzen auch dieser Bildungsdisziplin bewusst zu machen. Und zum anderen gilt es die Potenziale zu nutzen und dazu als (Erlebnis-)Pädagog*in eine Haltung zu entwickeln. Neben der (Neu-)Bewertung der Krise, als bildungsrelevantes Element, haben sich für mich im Forschungsprozess acht weitere Aspekte herausgestellt, warum die Abenteuer- und Erlebnispädagogik einen wichtigen Beitrag zu einer „nachhaltigen Bildung“ im Sinne einer lebenswerten Zukunft leisten kann:
1. Schlüsselqualifikationen für Verantwortungsübernahme
2. „Denken – Machen – Fühlen“ - Praxiserfahrung und Wertevermittlung
3. Abenteuer- ein Modell bildungsrelevanter Krisenbewältigung
4. Offenheit für Neues - Ökologisches Lernen als Suchbewegung
5. Abenteuerliche Herzen für beherztes Handeln
6. Leib-sinnliche Auseinandersetzung mit der Welt, emotionale Höhepunkte und die Macht
des Augenblicks als Quelle tiefgreifender Erfahrungen
7. Naturnutzung und Naturschutz in Einem
8. Naturraum als Erfahrungsraum für „Mitweltverantwortung“
9. Einlass von Spiritualität in der Pädagogik
Um diese neun Potenziale in die praktische Arbeit eines erlebnispädagogischen Vereins zu integrieren stellen die drei Ebenen des Maßnahmenkatalogs einen Ansatz dafür dar, wie Praktiker*innen, diese Aspekte mitbedenken und in Form eines Selbstverständnisses, ihre Position zu einer „nachhaltigen Bildung“ formulieren können:
- Alltagsökologische Ansätze (Regeln für den Umgang mit z.B. Müllvermeidung-/entsorgung, Transport, Verpflegung, Konsum etc.)
- Nachhaltige Ethik als Leitprinzip (nachhaltige bzw. ökologische Ethik eine Art Grundtenor - der Charakter in einer abenteuer- und erlebnispädagogischen Aktivität)
- Nachhaltigkeitsorientierte Aktionen