Masterarbeit, Fachbereich Betriebswirtschaftslehre, 83 Seiten, dt.
Zusammenfassung:
Unter der Annahme, dass das Wachstum der menschlichen Bevölkerung, die Industrialisierung, die Umweltverschmutzung, die Nahrungsmittelproduktion und die Nutzung der natürlichen Ressourcen im derzeitigen Maße fortschreiten, prophezeit bereits 1972 die computergesteuerte Studie „The Limits to Growth“, dass die vollständige Auslastung der Erde innerhalb der nächsten 100 Jahre erreicht sein wird (Meadows, 1972). Mit dem Bewusstsein, dieser Entwicklung entgegen zu wirken, veranstalteten die Vereinten Nationen (UN) zahlreiche globale Konferenzen mit dem Ziel ein Nachhaltigkeitskonzept zu entwickeln (Pinz, Roudyani & Thaler, 2017). Im Zuge dessen wurde im September 2015 die Agenda 2030 definiert und daraus die 17 Sustainable Development Goals (SDGs) abgeleitet, welche bis 2030 in allen Entwicklungsländern sowie Industriestaaten umgesetzt werden sollen (United Nations, 2015).
Das Konzept der Nachhaltigkeit, welches die harmonische Verbindung zwischen den menschlichen Bedürfnissen und ihrer Umwelt beschreibt und im Allgemeinen als eine Kombination aus ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Komponenten betrachtet wird, gewinnt in der öffentlichen Verwaltung an Aufmerksamkeit (Fiorino, 2010; Krause, Feiock & Hawkins, 2016; Leuenberger & Wakin, 2007). Risikominimierung zählt zu einer der Aufgaben der öffentlichen Hand im Bereich der nachhaltigen Entwicklung, da die Gesellschaft nicht in der Lage ist, sich selbstständig den Herausforderungen zu stellen (Fiorino, 2010; Leuenberger, 2006). Der öffentliche Sektor kann als wichtiger Akteur gezielt vorgehen und Regulierungen, Besteuerungen sowie Subventionen einführen (Leuenberger, 2006), weshalb er eine große Verantwortung bei der Förderung der nachhaltigen Entwicklung trägt.
Dies ist jedoch nur durch aktive Hilfe und in Zusammenarbeit aller beteiligten Gruppen möglich. Außerdem sind neue Formen von ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Partnerschaften erforderlich, wodurch Fortschritte erreicht werden, welche im Alleingang nicht erfolgreich realisiert werden können (Elkington, 1998). Inter-sektorale Partnerschaften verkörpern eine dieser neuen Formen und bieten einen praktischen Ansatz, um sich den komplexen gesellschaftlichen und ökologischen Herausforderungen zu stellen (Austin & Seitanidi, 2012; Bryson, Crosby & Stone, 2006; Clarke, 2013; Seitanidi & Crane, 2009; van Tulder, Seitanidi, Crane & Brammer, 2016). Vor allem da Projekte zur Erreichung der 17 Nachhaltigkeitsziele nicht nur mit einem Partner umgesetzt werden können, sondern passende Partnerschaften für zahlreiche unterschiedliche Projekte gesucht werden müssen, ist es wichtig den größtmöglichen Fit, d.h. die konzeptionelle Kompatibilität der strategischen Tätigkeiten mit den potentiellen Partnern vorab sicherzustellen. Dafür ist es notwendig herauszufinden, welche Rolle die SDGs in Unternehmen und NPO einnehmen und inwiefern sie bereit sind eine Kooperation einzugehen. Mit diesem Wissen kann die öffentliche Hand gezielt die passenden Partner für das jeweilige Nachhaltigkeitsziel auswählen.
Um diese Fragen zu beantworten, wurde für diese Arbeit ein qualitativ-exploratives Forschungsdesign gewählt, um bisher unerforschte Phänomene in ihrem realen Umfeld zu untersuchen (Jonker & Pennink, 2010; Ormston, Spencer, Barnard, & Snape, 2014). Die Datenerhebung erfolgte durch sechs Experteninterviews, darunter drei aus dem privaterwerbswirtschaftlichen Sektor und drei aus dem Nonprofit-Sektor. Die Daten wurden anhand einer qualitativen, kategoriengeleiteten Inhaltsanalyse ausgewertet und mittels Triangulation der Sekundärdaten überprüft.
Die vorliegende Untersuchung leistet einen wesentlichen Beitrag zur Forschung im Bereich inter-sektoraler Partnerschaften mit Nachhaltigkeitsbezug. Die Ergebnisse verdeutlichen die wichtige Rolle des öffentlichen Sektors, in diesem Falle der Stadt Mannheim, im Nachhaltigkeitsdiskurs. Darüber hinaus wird ersichtlich, dass sich aus inter-sektoralen Partnerschaften zahlreiche Chancen ableiten lassen, vor allem um den sozialen, ökologischen und ökonomischen Wandel in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung positiv zu beeinflussen. Es wurde aufgedeckt, dass die SDGs in den befragten NPO und Unternehmen derzeit keine wichtige Rolle spielen. Aufgrund der Zugehörigkeit zum Sharing Economy Sektor weisen die Organisationen jedoch grundsätzlich ein hohes Nachhaltigkeitsverständnis sowie -verhalten auf. Es wird deutlich, dass im Sharing Economy Sektor bereits sektorübergreifende Partnerschaften mit dem Fokus auf Nachhaltigkeit eingegangen werden. Diese bringen unbewusst die Erreichung der SDGs der UN voran. Darunter befinden sich Kollaborationen mit dem öffentlichen Sektor, welche auf das Potential solcher Partnerschaften als Instrument zur Erzielung der Nachhaltigkeitsziele schließen lässt.
Schlussfolgernd kann die Leitfrage, ob inter-sektorale Partnerschaften als Instrument der öffentlichen Hand zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele fungieren können, bejaht werden. Inter-sektorale Partnerschaften weisen ein großes Potential für die Umsetzung der SDGs der UN auf. Um das größtmögliche Potential zu generieren, muss seitens der öffentlichen Hand ausreichend Zeit in die Vorbereitung investiert werden. Dadurch wird das gemeinsame Anliegen aufgedeckt sowie herausgefunden, ob die Parteien eine ähnliche Denkweise bzw. sich gleichende Werte aufweisen, welche die Parteien zunehmend motivieren, eine Partnerschaft einzugehen. Somit wird einem negativen Ausgang der Kooperation entgegengewirkt und die Leistungsfähigkeit der Partnerschaft. Dabei muss darauf geachtet werden, dass kein hoher Zeitaufwand für die möglichen Partner entsteht, sodass trotz der knappen Ressourcen der Organisationen unmittelbar der Nutzen der Zusammenarbeit erkennbar ist. In der Summe können der öffentliche Sektor und die Partner dadurch Zeit einsparen, da frühzeitig Hemmnisse und Probleme aus dem Weg geschafft werden.
In Anbetracht der zunehmenden Relevanz und Notwendigkeit von inter-sektoralen Partnerschaften zur Lösung komplexer Probleme hat sich die Forschungsarbeit diesem Thema im Kontext des Nachhaltigkeitsdiskurs angenommen und verdeutlicht, wie der öffentliche Sektor solche Kollaborationen effektiver gestalten sowie nutzen kann, um einen positiven Wandel in der sozialen, ökologischen und ökonomischen Dimension voranzutreiben