Examensarbeit, Fachbereich Lehramt an Grundschulen, 134 Seiten, dt.
Zusammenfassung:
Das Globale Klassenzimmer, ein außerschulischer Bildungsort des Globalen Lernens, unterstützt Schüler*innen dabei „globale Zusammenhänge wahrzunehmen, die eigene Rolle im Geflecht der weltweiten Abhängigkeiten zu erkennen und Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen“ (Eine-Welt-Zentrum Heidelberg e.V., 2019). Um vom Wissen von globalen Herausforderungen zum verantwortungsbewussten nachhaltigen Handeln zu gelangen, ist meines Erachtens eine Lücke vorzufinden, da eine Verhaltensänderung eine große Hürde darstellen kann. In dieser Zulassungsarbeit wird daher das psychische Phänomen der Selbstwirksamkeit mit dem Globalen Lernen verknüpft. Selbstwirksamkeit wird definiert als Glauben in die eigene Fähigkeit, Handlungsabläufe organisieren und ausführen zu können, die für das Erreichen einer bestimmten Leistung erforderlich sind (vgl. Bandura, 1997, S.3).
Um zu untersuchen welche Rolle das Konzept der Selbstwirksamkeit im Globalen Lernen, dem Bildungskonzept des ,Globalen Klassenzimmersʻ, spielt und inwiefern die Schüler*innen durch eine Förderung von Selbstwirksamkeit im Globalen Lernen unterstützt werden können, wurden in dieser Arbeit die Fragestellungen beantwortet, warum erstens die Förderung von Selbstwirksamkeit im Konzept des Globalen Lernens im ,Globalen Klassenzimmerʻ wichtig ist und zweitens, inwiefern eine Förderung von Selbstwirksamkeit im Workshop ,Fast Fashionʻ vom ,Globalen Klassenzimmerʻ ermöglicht wird.
Die erste Fragestellung wurde in einem theoretischen Teil beantwortet, der sich mit dem Konzept der Selbstwirksamkeit, dem Globalen Lernen und der Arbeit des Globalen Klassenzimmers, der Entwicklung im Jugendalter, in besonderem Hinblick auf Mode und Identitätsfindung im Kontext der Globalisierung, beschäftigt hat.
Das Globale Lernen reagiert auf globale Herausforderungen des 21. Jahrhunderts und stützt sich auf das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung und auf ein Menschenbild, das Ziele des Empowerments, der Emanzipation der Individuen, der Förderung von Partizipation und Selbstkompetenz verfolgt (vgl. VENRO, 2000, S.12). Selbstwirksamkeit wirkt sich förderlich auf einen Kompetenzerwerb im Globalen Lernen aus, da hohe Selbstwirksamkeitserwartungen das „Denken, Fühlen und Handeln“ (Schwarzer & Jerusalem, 2002, S.10) in motivationaler und volitionaler Hinsicht positiv beeinflussen und sich auf die Zielsetzung und -erreichung auswirken (vgl. Kassis et al., 2019, S.5). Das Konzept dient demnach zum einen der „Zukunftsbewältigung von einzelnen Menschen“ (Fuchs, 2005, S.32), zum anderen der Befähigung von Gruppen zur gemeinsamen Verfolgung von politischen und anderen soziokulturellen Zielen (vgl. Bandura, 1997, S.477ff). Im Globalen Lernen sollen zudem personale Kompetenzen erworben werden, von denen die Selbstwirksamkeit einen Teil darstellt (vgl. Maag Merki, 2004, S.213; Bendig, 2018, S.76). Bezüge zur Umweltpsychologie konnten zeigen, dass das Konzept der Selbstwirksamkeit als Voraussetzung für eine Verantwortungsübernahme gelten kann und ein wichtiger Faktor für umweltschützendes Verhalten darstellt. In dem Workshop ,Fast Fashionʻ des Globalen Klassenzimmers, der mit Schüler*innen der siebten bis neunten Klassenstufe durchgeführt wird, werden die Schüler*innen mit hohen Anforderungen konfrontiert. Im Jugendalter sind Mode und Kleidung wichtige Themen, da in dieser Zeit die Individualität und die soziale Zugehörigkeit durch Kleidung ausgedrückt wird, weshalb eine Veränderung im Konsumverhalten besonders schwierig ist (vgl. Niekrenz, 2007, S.257f.; Harring/Palentien/Rohlfs, 2007, S.386; Frohmann, 2003, S.152). Es konnte zudem festgestellt werden, dass das Konzept der Selbstwirksamkeit für eine Verantwortungsübernahme und Beteiligung eines jungen Menschen an einer zukunftsfähigen, sozial gerechten Weltgesellschaft von Bedeutung ist.
Inwiefern eine Förderung von Selbstwirksamkeit im ,Globalen Klassenzimmerʻ ermöglicht wird (zweite Fragestellung), wurde am Beispiel des Workshops ,Fast Fashionʻ untersucht. Der Workshop wurde anhand einer Dokumentenanalyse und Interviews mit Expertinnen des Globalen Lernens systematisch anhand der qualitativen Inhaltsangabe nach Mayring analysiert. Die aus der Theorie herausgearbeiteten Quellen zur Entstehung und Förderung der Selbstwirksamkeit dienten dabei als Grundlage für die Analyse, in deren Zentrum folgende Kategorien standen: das Erleben persönlicher Erfolgserlebnisse, das Beobachten von Erfolgen anderer im Sinne stellvertretender Erfahrungen, Feedback und Ermutigungen durch Dritte und die Wahrnehmungen eigener Gefühlserregungen.
Es konnte gezeigt werden, dass der Workshop ,Fast Fashionʻ Fördermöglichkeiten von Selbstwirksamkeit eröffnet, die allen vier Quellen zur Entstehung von Selbstwirksamkeit zugeordnet werden können. Aufgrund der kurzen Workshop-Dauer können jedoch im Erleben eines persönlichen Erfolgs keine unmittelbaren Erfahrungen durch die Schüler*innen und Schüler gemacht werden, sondern nur wichtige Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Insgesamt lässt sich aus der Arbeit schlussfolgern, dass weitere Zusammenhänge zwischen ressourcenorientierter Pädagogik, Psychologie und Bildung für nachhaltige Entwicklung erforscht werden sollten, um die Schüler*innen in der Bewältigung der globalen und komplexen Herausforderungen zu unterstützen und um dazu beizutragen, dass die Lücke zwischen Wissen und Handeln kleiner werden kann.