Masterarbeit, Fachbereich Soziale Arbeit, 120 Seiten, dt.
Zusammenfassung:
In aktuellen Mediendiskursen und Fachdebatten sind Flucht und ihre Folgen für die europäische und deutsche Politik ein sehr präsentes und viel diskutiertes Thema. Zeitgleich zu dem Motto der Bundeskanzlerin „Wir schaffen das!“, gibt es durch die Regierung gegensätzliche Bewegungen, europäische Grenzen hochzuziehen und fragwürdige Verhandlungen mit z. B. der türkischen Regierung einzugehen, um „Flüchtlinge“ erst gar nicht bis zu den europäischen und deutschen Grenzen ankommen zu lassen. Bewegungen wie die der Pegida und ihren Ablegern sowie Übergriffe auf geflüchtete Menschen bis hin zu Brandanschlägen auf Unterkünfte von Asylsuchenden prägen ebenfalls die täglichen Schlagzeilen. Die allgemeine Rede der Politikerinnen und Politiker sowie der Medien von „Flüchtlingswellen“, „Flüchtlingsschwärmen“ und „Asylmissbrauch“ schürt die Angst der „besorgten Bürger_innen“ zusätzlich und legitimiert die Gesetzesverschärfungen. Die AfD propagiert sogar, deutsche Grenzen mit Waffengewalt gegen Geflüchtete zu „schützen“. Im Gegensatz dazu steht das gegenwärtig starke zivilgesellschaftliche Engagement für geflüchtete Menschen. Es haben sich zahlreiche Initiativen in Deutschland und an Deutschlands Grenzen gebildet, die sich für geflüchtete Menschen engagieren und auf Demonstrationen ein Zeichen für Geflüchtete und gegen Rassismus setzten.
In den Debatten geht es zwar auch um Ursachen der Flucht, wie die weltweit andauernden und neu entfachten Konflikte sowie um die Auswirkungen auf geflüchtete Menschen. Es scheint im Hinblick auf die nach Europa und Deutschland flüchtenden Menschen jedoch stärker darum zu gehen, wie mit der aktuellen Situation vor Ort umgegangen werden muss. Dabei ist fraglich, ob eine echte Teilhabe von geflüchteten Menschen gesellschaftlich und vor allem politisch gewollt ist.
Laut dem UNHCR sind weltweit knapp 60 Millionen Menschen auf der Flucht, die Hälfte davon sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren (vgl. UNHCR 2015b, S. 2 f.). Allerdings schaffen es nur die wenigsten nach Deutschland. Täglich sterben Menschen an Europas Grenzen. Allein seit September 2015 sind laut UNICEF täglich zwei Kinder im Mittelmeer ertrunken, die Dunkelziffer wird sogar höher geschätzt (vgl. UNICEF 2016).
Kinder und Jugendliche haben nicht nur das Recht auf ein sicheres Leben, sondern auch ein Recht auf Bildung. Es heißt in Integrationsdebatten, dass Bildung der Schlüssel zu einer erfolgreichen gesellschaftlichen Teilhabe sei. Die bisherige Bilanz der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund im Bildungsbereich zeigt allerdings, dass es in Deutschland einen Nachholbedarf an Konzepten gibt. Dabei stellt sich die Frage, wie die Institution Schule der Verantwortung nachkommt, geflüchteten Kindern und Jugendlichen eine Teilhabe an Bildung zu ermöglichen. Wird das Bildungssystem den Bedarfen von geflüchteten Kindern und Jugendlichen gerecht? Wie sind die strukturellen und institutionellen Bedingungen für geflüchtete Kinder und Jugendliche? Wie geht das deutsche Bildungssystem mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen um? Diesen Fragen soll die vorliegende Arbeit nachgehen. Hierfür ist es zunächst wichtig, Zahlen, Daten und Fakten zu geflüchteten Kindern und Jugendlichen in Deutschland darzustellen und die rechtliche und soziale Situation zu erörtern (2.), um dann auf die aktuelle Bildungssituation rechtlich, institutionell und theoretisch eingehen zu können. Hierzu sollen auch empirische Befunde einfließen und einige Konzepte vorgestellt werden (3.). Nach dieser Analyse der Ist-Situation in den Bereichen Flucht und Bildung soll ein Blick in die Praxis geworfen werden. Aufgrund der föderalen Struktur in Deutschland ist der Themenbereich Bildung (im institutionellen Sinne Schule) Ländersache, hierfür wurde das bayerische Schulsystem, genauer die Stadt München ausgesucht. In erster Linie werden die institutionellen Vorgaben und Abläufe sowie Herausforderungen untersucht. Hierfür werden Erhebungen aus der Praxis herangezogen (4.). Die Arbeit schließt mit einem Fazit ab (5.).