Globales Lernen – kritische Perspektiven auf Ansätze, Hürden und Potenziale

Autor: Sesar, Viola
Jahr: 2015

Bachelorarbeit, Studienfach Sozialwissenschaften, 55 Seiten, dt.

Zusammenfassung:

„Globales Lernen – kritische Perspektiven auf Ansätze, Hürden und Potenziale“ Bereits in den 1990er Jahren haben die Pädagogik und Instanzen der politischen Bildung erkannt, dass eine zeitgemäße Bildung den Blick über den Nationalstaat hinweg ermöglichen muss. Die Lernenden müssen sich globalen Herausforderung stellen, sich als politisch mündige BürgerInnen in einer zunehmend komplexer werdenden und von Macht und Abhängigkeiten geprägten Gesellschaften positionieren können. Globales Lernen hat den Anspruch diese Bildung zu ermöglichen, weshalb sich eine macht-sensible soziologische Betrachtung dieses Konzeptes geradezu aufdrängt. Während der Untersuchung von Ansätzen und Bildungsmaterialien des Globalen Lernens war auffällig, dass eine Auseinandersetzung mit „Kultur“ nahezu nicht stattfindet; falls doch, wird sie als Nationalkultur gedacht und konsequenterweise vermittelt. Dieses Verständnis reduziert Kultur auf die Hochkultur von Nationen, wodurch diese als ein homogenes und nahezu unveränderbares Konstrukt erscheint, welches als Nährboden für kulturellen Rassismus fungieren kann. Da das Globale Lernkonzept meines Erachtens jedoch die kommenden facettenreichen Herausforderung an eine adäquate Bildung am besten zu beantworten weiß, müssen die defizitären Anteile des Konzeptes analysiert sowie optimiert werden. Im Fokus meiner Betrachtungen steht die Gefahr der Reproduktion von rassistischen Denkmuster, ausgehend von einer fehlenden Auseinandersetzung mit historisch gewachsenen Machtstrukturen im globalen Kontext, der Nichtthematisierung von Kultur und folglich der ungenügenden Reflexion diesbezüglich. Als Lösungsansatz diskutiere ich, inwiefern Ansätze des „Interkulturellen Lernens“ einer rassismuskritischen und postkolonialen Kritik am globalen Lernkonzept gerecht werden und ob eine Fusionierung beider Konzepte erstrebenswert wäre. Eine Analyse im Hinblick auf die Implementierung des Interkulturellen Lernens in das Globale Lernen erschien mir insofern sinnvoll, als es die Akteursebene beinhaltet, indem der gegenseitige kulturelle Austausch im Vordergrund steht sowie die Zurkenntnisnahme von Minoritäten und deren Repräsentation im öffentlichen Raum. Als weitere Zielsetzung gelten die Dekonstruktion von Vorurteilen und des Ethnozentrismus mit dem Ziel Chancengleichheit zu erreichen. Dadurch, dass die Anfänge des Interkulturellen Lernens unter anderem mit einem statischen Kulturbegriff versehen waren und vehemente Kritik aufkam, wurde eine macht-sensible Reflexion angestoßen, welche zu einer steten Weiterentwicklung des Konzeptes führte. Bei einer ausführlichen Analyse des genannten Konzeptes in der vorliegenden Arbeit offenbarten sich allerdings Lücken und kritikwürdige Annahmen, die zur Reproduktion von Stereotypen bzw. Rassismen führen können und ihren Ursprung in der fehlenden historischen wie sozio-politischen Ebene haben. Allerdings wäre eine Fusionierung beider Konzepte insofern wünschenswert, als Interkulturelles Lernen die Stärke besitzt auf individueller Ebene eine Reflexion der eigenen Position voranzutreiben und einen kultur-sensiblen Umgang zu fördern, welcher den Herausforderungen und Potenzialen einer multikulturellen Gesellschaft gerecht werden kann. Erst auf dieser Basis ist die Auseinandersetzung mit (globalen) Zusammenhängen in ihren ökonomischen, politischen, sozialen und historischen Dimensionen ohne Reproduktion von Rassismen möglich, wodurch die Zielsetzungen des Globalen Lernens in ihrer Gänze erfasst wären. Nichtsdestotrotz ist die alleinige Implementierung des Interkulturellen Lernens in das globale Lernkonzept kein Garant für eine diskriminierungsfreie Bildung. Hierfür ist eine stete Reflexion der Bildungsrealität und der dynamischen gesellschaftlichen Bedingungen vonnöten.