Masterarbeit, Studiengang Sozial- und Organisationspädagogik, 108 Seiten, dt.
Zusammenfassung:
„Die grenzenlose Globalisierung wird es noch so weit bringen, daß jedes Land auf unserer Erde an jedes andere Land grenzt.“ (Ferstl 2006)
Etwas überspitzt kokettiert dieses Zitat von Ernst Ferstl eine Entwicklung, in der sich die Bevölkerung und Staaten der Welt einander immer weiter annähern. Wenn sich diese Annäherung auch nicht geographisch vollzieht, so vollzieht sie sich doch (hauptsächlich) ökonomisch und soziokulturell. Globalisierung nennen wir diese Entwicklung seit einigen Jahrzehnten. Mit ihr gehen vielfache Konsequenzen für Mensch, Tier und Pflanzen einher, daher sind die Assoziationen zum Wort Globalisierung zahlreich: Industrielle und wirtschaftliche Verflechtung, wachsende Mobilität, unverhältnismäßiger Konsum, Ausbeutung, Fluchtbewegungen, Reichtum, Armut, Klimawandel, Artensterben uvm.. All dies sind Themen, die in Medien, Politik und breiter Gesellschaft heute viel diskutiert werden - die Weltgemeinschaft sieht sich vor der Aufgabe, den Herausforderungen dieser „grenzenlosen Globalisierung“, wie Ferstl es nennt, zu begegnen.
Als ein pädagogischer Ansatz, auf Globalisierungsprozesse zu reagieren, wird das Globale Lernen als Konzept diskutiert, verbreitet und angewandt. Menschen zu befähigen, sich in unserer globalisierten Welt zurecht zu finden, diese zu begreifen und im Sinne einer gerechten Welt handeln zu lernen, so die Quintessenz aus der Maastrichter Erklärung, welche als einer der Grundsteine für das Konzept Globales Lernen gesehen werden kann.
In entwicklungspolitischen Kreisen sowohl hoch gelobt als auch kritisiert, erscheint es alles in allem als ein stark europäisch westliches Konzept von Lernen. Die Annahme dieser Arbeit ist zudem, dass das Globale Lernen, wie es in Deutschland verhandelt wird, implizit ein bestimmtes hegemoniales Bild von Welt und Weltbürgertum voraussetzt, welches weltweite Machtstrukturen als Grundlage hat sowie diese (unbewusst und bewusst) reproduziert. Die Motivation, sich im Globalen Lernen zu engagieren, scheint stark normativ geprägt, die „Eine Welt“ ein allgemein akzeptiertes, unerreichbar scheinendes und doch zu erreichen gewünschtes Ziel.
Das Forschungsinteresse meiner Arbeit erwuchs aus ebendieser, hier nur kurz skizzierten, Kritik. Die Fragen danach, ob das Globale Lernen eigentlich als ein „globales“ Konzept gesehen werden kann und wie Globales Lernen eigentlich von Menschen aus dem globalen Süden verstanden wird bzw. der Wunsch, die hiesige Definition um Perspektiven zu erweitern, führten mich zu meiner leitenden, zunächst offenen, Forschungsfrage: Auf welcher Motivation und welchem Verständnis von Globalem Lernen und von Welt gründet die Arbeit von Bildungspraktikern und Bildungspraktikerinnen in außereuropäischen Ländern?
Die Arbeit ist thematisch in zwei Teile gegliedert, einen theoretischen und einen empirischen Teil. Zu Beginn führt das Kapitel „Globales Lernen – ein europäisches Konzept?“ ins Globale Lernen ein. Hier geht es unter 2.1. in erster Linie darum, Kerninhalte des Bildungsansatzes zu vermitteln, um im Anschluss Werte und Normen, die für das Globale Lernen relevant sind, herauszuarbeiten (2.2.). Das Forschungsinteresse legt es zudem nahe, sich unabhängig von der Empirie mit den Aspekten Motivation und Weltverständnis auseinander zu setzen, dies geschieht in Kapitel 2.3.. Anschließend gibt Kapitel 2.4. einen Überblick über vorhandene wissenschaftliche Literatur und Forschung in dem Themenbereich, um das Forschungsinteresse in einen Gesamtkontext einzubetten. Da die Arbeit einen kritisch reflexiven Zugang zu Globalem Lernen hat, werden in Kapitel 2.5. Kritikpunkte aufgegriffen. Kapitel 2.6. fasst schlussendlich das Forschungsinteresse noch einmal gebündelt zusammen und grenzt dieses auf Bildungspraktiker*innen aus Afrika und Asien ein.
Um die empirischen Erkenntnisse theoretisch verknüpfen und untermauern zu können, bietet Kapitel 3 einen Einblick in Diskussionen um Kosmopolitismus und Lokalitätsgebundenheit sowie um Postwachstum. Das vierte Kapitel bildet den Auftakt zum empirischen Teil der Arbeit, indem es die methodologische Herangehensweise erläutert. Hier wird auf die Grounded Theory (4.1.) und das offene narrative Leitfadeninterview (4.2.) eingegangen. Anschließend werden der Zugang (4.3.) und die Auswahl (4.4.) der Interviewpartner*innen sowie die Aufbereitung und Auswertung des Datenmaterials (4.5.) transparent gemacht. Kapitel fünf umfasst drei Fallportraits (5.1.) und drei aus der Analyse gewonnene Kategorien (5.2.). Kapitel 6 leitet aus den Kategorien schließlich Schritt für Schritt Ergebnisse ab. Eine vergleichende Ergebnisanalyse (6.1.) verknüpft die drei Kategorien miteinander. In Kapitel 6.2. werden weitergehend Rückschlüsse für das Konzept Globales Lernen gezogen. Diese inhaltlichen Rückschlüsse sowie einzelne methodische Aspekte des Forschungsprozesses werden anschließend kritisch reflektiert (6.3.). Ein persönliches Resumé rundet die vorliegende Arbeit ab (6.4.).