Interkulturelle Kompetenz im Kontext einer Frankfurter Flüchtlingsunterkunft und im Kontext der Messe Frankfurt

Autor: Lam, Jennifer
Jahr: 2018

Bachelorarbeit, Fachbereich Soziologie, 63 Seiten, dt.

Zusammenfassung:

Das Erkennen, Akzeptieren und Interagieren mit der Vielfalt nebeneinander bestehender Kulturen bedarf oftmals eines größeren Aufwands, Verständnis und einigem Bemühen. Kulturdifferenzen können Ursache von zwischenmenschlichen Kommunikationsbarrieren, Diskriminierung und Konflikten werden. Doch das Respektieren von Unterschieden zwischen Kulturen kann Menschen anregen, Wertungen zu meiden und auf einer Metaebene über Situationen zu sprechen. Ein Austausch der Kulturen bereichert nicht nur den eigenen Horizont, sondern erweitert die eigene Handlungskompetenz, mit Menschen aus unterschiedlichen Kulturen angemessen umgehen und zusammenarbeiten zu können. Die Fähigkeit mit Offenheit, Lernbereitschaft, Einfühlungsvermögen und einer hohen Motivation Brücken zu Mitmenschen mit einem anderen kulturellen Hintergrund zu bauen, nennt sich interkulturelle Kompetenz. Interkulturelle Kompetenz wird heutzutage immer häufiger als Schlüsselqualifikation im Bildungs- und Berufsleben gesehen und gefördert.

Meine Bachelorthesis beschäftigt sich deshalb damit, wann man von interkultureller Kompetenz spricht, wie sie in der alltäglichen Praxis zum Ausdruck kommt und was sie im Menschen bewirkt. Der Begriff ist in jedem Fall in einem spezifischen Kontext zu betrachten und zu interpretieren. In dieser Arbeit ist dieser Kontext zum einen das Zusammenleben und Arbeiten in einer Frankfurter Flüchtlingsunterkunft und zum anderen das Agieren von Wirtschaftsakteuren auf der Messe Frankfurt. Die grundlegende Forschungsfrage der vorliegenden Bachelorthesis lautet somit: Wie und warum wird interkulturelle Kompetenz in sozialen Interaktionen in den beiden Kontexten eingesetzt?

Dieser Fragestellung soll nach einer eingehenden Beschäftigung mit den theoretischen Grundlagen zu Kultur und Kommunikation sowie zur interkulturellen Kompetenz nachgegangen werden (Kap. 2). Anschließend werden die Untersuchungsumfelder vorgestellt und die Erhebungs- und Auswertungsmethodik (narrative und leitfadengestützte Interviews) erläutert (Kap. 3). Es folgt die Auswertung der durchgeführten Erhebungen (Kap. 4) sowie deren abschließende Zusammenführung und Bewertung (Kap. 5). So soll die vorliegende Bachelorthesis einen Teil zum Verständnis der Funktion und der Bedeutung interkultureller Kompetenz beitragen.

Zu den wichtigsten Erkenntnissen der Bachelorthesis gehört, dass interkulturelle Kompetenz selbst, die Definition dessen, aber auch das Bewusstsein über bestehende oder nicht bestehende interkulturelle Kompetenz individuell ganz unterschiedlich vorhanden ist. Unterschiede lassen sich dahingehend innerhalb der betrachteten Gruppen (Bewohner der Flüchtlingsunterkunft, Mitarbeiter der Flüchtlingsunterkunft, Messeaussteller und Mitarbeiter der Messe) feststellen, aber auch zwischen

ihnen. Kulturelle Unterschiede stellen Herausforderungen für die Interviewpartner dar, mit denen sie je nach persönlichem Hintergrund und Intention des eigenen Handelns anders umgehen. So sind Flüchtlinge eher unvorbereitet in einer Situation, in der sie mit Menschen anderer Kulturen interagieren müssen. Aussteller auf einer Messe dagegen haben das Ziel Kontakt auch zu Mitarbeitern von Unternehmen aus einem anderen kulturellen Kontext aufzunehmen und sind deshalb oft bewusster auf die interkulturelle Interaktion vorbereitet. Ebenso wird bei der Auswahl der Mitarbeiter der Messe und in der Flüchtlingsunterkunft auf interkulturelle Kompetenzen geachtet. Kriterien sind dabei bspw. die Herkunft (kulturelle Nähe), Sprachkenntnisse, soziale Kompetenz, durchlaufene Schulungen, Sensibilität und Offenheit für Kulturdifferenzen und Kulturgewohnheiten sowie Bereitschaft sich mit diesen auseinanderzusetzen. Die Möglichkeiten und die Bereitschaft interkulturelle Kompetenzen zu entwickeln, differieren somit. Interkulturelle Kompetenz setzen Menschen auf verschiedene Weisen je nach ihren Möglichkeiten ein, um – bewusst oder unbewusst – eine – sozial oder ökonomisch – erfolgreiche Interaktion mit Mitgliedern anderer Kulturen zu erreichen.

Die in der Bachelorarbeit getroffenen Schlussfolgerungen haben keine Allgemeingültigkeit und können nur einen kleinen Ausschnitt dessen zeigen, wie interkulturelle Kompetenz in den beiden Untersuchungsfeldern vorkommt und welche Bedeutung ihr für die dortigen Interaktionen zukommt. Die Arbeit soll jedoch einen Beitrag dazu leisten das Verständnis für interkulturelle Kompetenz zu erweitern und Anregungen für weitere Forschungen zum Thema geben. Angesichts der zunehmenden Globalisierung und den immer zahlreicher werdenden Interaktionen zwischen Angehörigen unterschiedlicher Kulturen in verschiedenen Kontexten, wie Flucht oder Messen, wird eine tiefergehende Beschäftigung mit der Thematik weiterhin sehr relevant und immer wichtiger sein.