Rationales of Action in the European Union’s Asylum Policy: An Empirical Investigation of Relocation Commitment Between Interests and Norms

Autor: Blöser, Julia
Jahr: 2017

Bachelorarbeit, Fachbereich Sozialwissenschaften, Medien und Sport, 105 Seiten, engl.

Zusammenfassung:

Angesichts der Herausforderungen, die die sogenannte „Flüchtlingskrise“ für die Europäische Union mit sich brachte, hat die Kommission mit ihrer europäischen Migrationsagenda versucht, eine neue, multidimensionale Asyl- und Migrationspolitik zu begründen. Hieraus entwickelte sich neben Maßnahmen der Auslagerung eigener Verantwortung durch Kooperation mit Drittstaaten auch der Umsiedelungsansatz, der zunächst Italien und Griechenland entlasten und später gemäß einem Vorschlag über einen permanenten Verteilungsmechanismus (im Rahmen der Dublin-Reform) eine nachhaltige Neustrukturierung der Verantwortung für Asylbewerber etablieren sollte. Im Hinblick auf forcierte Solidaritätsbekundungen einerseits und eine sehr zögerliche Umsetzung des temporären Programms andererseits untersucht diese Arbeit, welche Handlungslogik sich allgemein bzw. für die einzelnen Staaten hinter den Entscheidungen verbirgt: Sind es eher rationale Überlegungen auf Grundlage definierter nationaler Interessen, welche die Länder zu einer Zustimmung bewogen haben oder haben sie sich tatsächlich von der normativen Beistandspflicht leiten lassen?
Um sich dieser Frage theoretisch zu nähern, nimmt die Arbeit Bezug auf March und Olsens idealtypische Unterscheidung zwischen der „Logik der angenommenen Folgen“ und der „Logik der Angemessenheit“ und bettet diese ein in den spezifischeren Rahmen der Theorie öffentlicher Güter einerseits und des Normativen Institutionalismus andererseits. Die hieraus abgeleiteten Hypothesen für die Zustimmung zum und Umsetzung des Umverteilungsprogramms werden auf der Grundlage von qualitativen Experteninterviews und einer statistischen Regressionsanalyse untersucht mit dem Ergebnis, dass beide Handlungslogiken die Verhandlungen jeweils in einem gewissen Maß geleitet haben – jedoch mit unterschiedlichem Ausgang für die einzelnen Länder. Die schwache Institutionalisierung der Solidarität, die in den unterschiedlichen Interpretationen der Norm und mangelhafter Anwendung in der Vergangenheit offenbar wird, stellt einen Grund für teilweise überwiegende rationale Überlegungen dar. Während die Interessenbildung durch Faktoren wie innenpolitischen Druck (insbesondere im Wahlkampf), die politische Kultur und die ideologische Ausrichtung der Regierungspartei geprägt ist, wird der institutionelle Einfluss auf die individuelle Entscheidungsfindung u.a. durch die Länge der EU-Mitgliedschaft und damit Sozialisation, die Strategie der Ratspräsidentschaft und die Vertrautheit der Verhandlungspartner beeinflusst. Neben der hieraus resultierenden Intention spielen auch administrative und logistische Schwierigkeiten, Selbstbeschränkungen der offiziellen Entscheidungen sowie die Aufnahmekapazität und der Grad an Vertrauen und Kooperation zwischen den Ländern eine Rolle bei der Erklärung der Umsetzungsunterschiede