Bachelorarbeit, Fachbereich Chemie und Geowissenschaften, 220 Seiten, dt.
Zusammenfassung:
Die Hauptursache des anthropogenen Klimawandels ist der Mensch (Brönnimann, 2018, S. 267; Bush, 2020, S. 62; Intergovernmental Panel on Climate Change [IPCC], 2013,S. 46; Newell et al., 2014, S. 444). Menschliches Verhalten löst eine Reihe an Umweltproblemen aus (Newell et al., 2014, S. 459). Die Lösung dieser Probleme kann durch Klimaschutz sowie Verhaltensänderungen angestrebt werden (Keizer & Schultz, 2019, S. 180). Um den Kipppunkt der Erde nicht zu überschreiten, wodurch unabsehbare, schwerwiegende Folgen ausgelöst werden würden, sollte eine Erwärmung um 1,5 °C im Vergleich zu dem vorindustriellen Niveau nicht überschritten werden (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit [BMU], 2020, S. 15; Niebert, 2016, S. 255; Ranke, 2019, S. 55). Da die Möglichkeiten der Anpassung begrenzt sind, ist eine Minderung der Treibhausgase notwendig (Deutsche Forschungsgemeinschaft [DFG], 2019, S. 19). Hierfür scheint es von hoher Relevanz zu sein, dass insbesondere die wohlhabendere Weltbevölkerung ihr alltägliches Verhalten verändert und ihren Konsum einschränkt (Klein, 2019, S. 140). Es kann festgehalten werden, dass die alltäglichen Lebensbereiche Ernährung und Mobilität aufgrund der verursachten Treibhausgasemissionen einen wesentlichen Einfluss auf den anthropogenen Klimawandel haben (Wynes & Nicholas, 2017, S. 1).
Die vorliegende Bachelorarbeit befasst sich mit Umweltbewusstsein und Umweltverhalten im Alltag mit einem Fokus auf persönliche Verkehrsmittelwahl sowie Fleischkonsum. Es wird herausgearbeitet, wie individuelles Verhalten im Alltag zum globalen Klimaschutz und der Einhaltung des 1,5 °C Ziels des Pariser Abkommens beitragen kann. Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Erörterung, wie umweltbewusst die Interviewpartner*innen in ihrem Alltag in Bezug auf Ernährung und Mobilität sind und inwiefern sie sich umweltbewusst verhalten. Zur Beantwortung der wichtigsten Forschungsfragen bezüglich des Umweltbewusstseins und umweltbewussten Verhaltens wird eine explorative Analyse mittels problemzentrierter Interviews durchgeführt. Im Rahmen der Interviews werden zusätzlich die Ergebnisse eines CO2-Rechners in die Auswertung miteinbezogen und die Methode der Mental Maps angewendet. Als zentrales Ergebnis kristallisiert sich die Diskrepanz zwischen Umweltbewusstsein und dem tatsächlichen Umweltverhalten der Interviewpartner*innen heraus. Ein bestimmtes Maß an Umweltwissen ist bei allen Befragten vorhanden. Der Mobilitäts- und Ernährungssektor wurde von einigen Interviewpartner*innen als CO2-intensiver Lebensbereich eingeschätzt. Dabei wurden konkrete Verhaltensweisen wie Autofahren, fliegen und die Tierhaltung genannt. Diese Aussagen sind mit empirischen Erkenntnissen in Vereinbarung zu bringen. Bei der Betrachtung der Pro-Kopf-Emissionen in Deutschland entfallen neben den circa 20 % für Mobilität etwa 15 % auf die Ernährung (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit [BMU], 2020, S. 54).
Außerdem wurden in den Interviews verschiedene Umwelteinstellungen abgefragt. Mit dem Begriff Klimawandel werden die Begriffe Katastrophe und Zerstörung sowie Demonstrationen assoziiert. Der Klimawandel scheint Emotionen wie, Aggression und Trauer bei den Interviewpartner*innen auszulösen. Der Umweltbegriff hingegen scheint bei den Befragten positive Emotionen hervorzurufen. Inwiefern diese Einstellungen und das Maß an Umweltwissen zu dem tatsächlichen (bzw. selbstberichteten) Verhalten passt, wurde ebenfalls untersucht. Es scheinen Abweichungen zwischen den beiden Umweltbewusstseinsdimensionen, Einstellungen und Wissen und dem umweltbezogenen Verhalten zu bestehen. Zwar ist die Einstellung zum ÖPNV eher positiv, doch stellt i.d.R. der Pkw das Hauptverkehrsmittel dar. Es ist ein gewisses Maß an Umweltwissen vorhanden, doch herrscht eine Diskrepanz zwischen Wissen und Verhalten. Für die Diskrepanz zwischen Umweltbewusstsein und Umweltverhalten können verschiedene theoretische Erklärungsansätze wie die Low-Cost-Hypothese, die Theorie des geplanten Verhaltens sowie Kosten-Nutzen-Erwägungen hinzugezogen werden. Entsprechend der Low-Cost-Hypothese sind Verhaltensänderungen im Verkehrsverhalten aufgrund des hohen Aufwands schwierig zu implementieren (Diekmann & Preisendörfer, 2001, S. 117–118; Preisendörfer, 1999, S. 79–80). Entsprechend der Kosten-Nutzen-Erwägungen treffen Individuen die kostengünstigste Entscheidung (Haan & Kuckartz, 1996, S. 219). Die Theorie des geplanten Verhaltens besagt, dass die Verhaltensintention ein direkter Prädiktor für das Verhalten ist (Hellbrück & Kals, 2012, S. 100). Doch ist dies tatsächlich so? Für das alltägliche Verhalten wird in den Interviews eine Vielzahl an Gründen genannt. Die häufigsten genannten verkehrsspezifischen Gründe sind folgende: Entfernung und Distanz, finanzielle Kosten sowie Zeit und Dauer. Das eigene Ernährungsverhalten begründet die Interviewpartner*innen jedoch vor allem anhand des Gesundheitsaspekts sowie diversen Vorzügen von Fleisch.
Als Antwort auf die vorhandene Diskrepanz werden angemessene Ansatzpunkte für die Förderung von umweltbewussten Verhalten gefunden, um die Kluft zwischen diesem und den Umwelteinstellungen sowie dem Umweltverhalten zu schließen. Dabei gilt zu bedenken, dass ein unterschiedliches Maß an Handlungsbereitschaft unter den Interviewpartner*innen vorhanden ist. Einige Personen nennen konkrete Ansatzpunkte wie den Ausbau und die Attraktivitätssteigerung der Infrastruktur (z.B. im Bereich Radverkehr)oder eine preisliche Anpassung im Sinne einer Vergünstigung des ÖPNVs. Außerdem kam zur Sprache, dass politische Maßnahmen getroffen werden sollten. Wünschenswert wäre zudem eine Aufnahme von ernährungsspezifischen Themen in den Lehrplan und erweitere Informationen zu Lebensmittelprodukten. Besondere Berücksichtigung finden in diesem Kontext weiterhin Co-Benefits und Zielkonflikte sowie bestehende und auftretende Herausforderungen und Probleme bei umweltspezifischen Fragestellungen.
Entzug aus dem Literaturverzeichnis
Brönnimann, S. (2018). Klimatologie (1. Aufl.). UTB M. Haupt Verlag.
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. (2020). Klimaschutz in Zahlen: Fakten, Trends und Impulse deutscher Klimapolitik. Ausgabe 2020. Berlin.
Bush, M. J. (2020). Climate Change and Renewable Energy: How to End the Climate Crisis. Springer International Publishing.
Deutsche Forschungsgemeinschaft. (2019). Climate Engineering und unsere Klimaziele –eine überfällige Debatte: Schwerpunktprogramm 1689 der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
Diekmann, A. & Preisendörfer, P. (2001). Umweltsoziologie: Eine Einführung. Rowohlt Taschenbuch Verlag GmhH.
Haan, G. de & Kuckartz, U. (1996). Umweltbewusstsein: Denken und Handeln in Umweltkrisen. Westdeutscher Verlag.
Hellbrück, J. & Kals, E. (2012). Umweltpsychologie. Basiswissen Psychologie. VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Intergovernmental Panel on Climate Change. (2013). Klimaänderung 2013: Naturwissenschaftliche Grundlagen. Häufig gestellte Fragen und Antworten – Teil des Beitrags der Arbeitsgruppe I zum Fünften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC).
Keizer, K. & Schultz, P. W. (2019). Social Norms and Pro-Environmental Behaviour. In L. Steg & J. I. M. de Groot (Hg.), Environmental psychology: An introduction (S. 179–188). Wiley Blackwell.
Klein, N. (2019). Warum nur ein Green New Deal unseren Planeten retten kann (1. Auflage). Hoffmann und Campe Verlag.
Newell, B. R., McDonald, R. I., Brewer, M. & Hayes, B. K. (2014). The Psychology of Environmental Decisions. Annual Review of Environment and Resources, 39(1), 443–467.
Niebert, K. (2016). Der Klimawandel lässt nicht mit sich verhandeln. In J. Sommer, Müller & Michael (Hg.), Unter 2 Grad? Was der Weltlklimavertrag wirlklich bringt (S. 255–265). Hirzel.Preisendörfer, P. (1999). Umwelteinstellungen und Umweltverhalten in Deutschland: Empirische Befunde und Analysen auf der Grundlage der Bevölkerungsumfragen "Umweltbewußtsein in Deutschland 1991-1998". Leske + Budrich.
Ranke, U. (2019). Klima und Umweltpolitik. Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-56778-4
Wynes, S. & Nicholas, K. A. (2017). The climate mitigation gap: education and government recommendations miss the most effective individual actions. Environmental Research Letters, 12(7), 74024