Magisterarbeit, Fachbereich Katholische Theologie, 88 Seiten, dt.
Zusammenfassung:
In meiner Magisterarbeit habe ich untersucht, wie der christliche Glaube in der Herausforderung durch die „sozio-ökologische Krise“ seinen Beitrag leistet und insbesondere wie mit dem damit verbundenen Phänomen der Angst und der Hoffnung umgegangen wird.
Im Sinne des sozialethischen Dreischritts „sehen – urteilen – handeln“ beginnt die Arbeit im ersten Schritt damit die Leistung der Sozialenzyklika Laudato Si‘ wahrzunehmen. Sie besteht meines Erachtens darin, dass es gelungen ist, die christliche Sicht auf die Wirklichkeit auf engste Weise mit der Verantwortung für die „sozio-ökologische Krise“ zu verbinden. Spezifisch christliche Motivationen, die beispielsweise auf der Schöpfungsgeschichte oder dem Verhältnis des heiligen Franziskus zu der Umwelt beruhen, werden analysiert, aber zugleich in einen Dialog mit der gesamten Menschheit gebracht. Die Äußerungen bezüglich des Klimawandels und dem Entgegenarbeiten sind von Hoffnung geprägt. Allerdings besteht diese Hoffnung nicht in blindem Vertrauen, dass Gott alles richten wird. Vielmehr werden die naturwissenschaftlichen Forschungen und die Ängste der Menschen ernstgenommen und an die Verantwortung aller appelliert. Die Hoffnung beruht darauf, dass die Menschheit von Gott getragen zusammenwächst und zusammen viel erreichen kann. Die Rolle des christlichen Glaubens in der Klimaschutzbewegung ist in der Praxis gering. Das erweiterte Wirklichkeitsverständnis des christlichen Glaubens lohnt sich reflektiert zu werden, um das „Warum“ und das „Wozu“ des Klimaschutzes durch einen anderen Blickwinkel möglicherweise besser zu verstehen. Die Aufgabe des christlichen Glaubens beinhaltet zwei Perspektiven: die Angst, welche die aktuelle Krise bei einigen Menschen hervorgebracht hat, soll in berechtigte Sorge und Hoffnung transformiert werden und die Gleichgültigkeit oder das Desinteresse bei anderen Menschen soll in Verantwortung für das „gemeinsame Haus“ überführt werden.
Im zweiten Schritt wird die Position von Laudato Si‘ mit anderen Akteuren des Klimadiskurses in Verbindung gebracht. Ein Vergleich der Herangehensweise an die ökologische Krise durch den deutschen Schriftsteller Fuller und durch Papst Franziskus hat gezeigt, dass eine von Hoffnung geprägte Sicht auf die Bewältigung der „sozio-ökologischen Krise“ mehr Potential besitzt, eine innere Einstellung bei den Menschen hervorzurufen, die Kräfte mobilisiert und sich für eine Veränderung der Wirklichkeit einsetzt. Sowohl der Enzyklika Laudato Si‘. Über die Sorge für das gemeinsame Haus als auch dem Essay Das Ende. Von der heiteren Hoffnungslosigkeit im Angesicht der ökologischen Katastrophe geht es in großem Umfang, um die innere Einstellung zu Angst und Hoffnung im Klimadiskurs. Beide Schriften sind nicht von Angst geprägt. Jedoch bleibt der Essay am Ende vor dem Nichts stehen: es gilt weder Angst noch Hoffnung in der Krise zu haben. Der Mensch wird in dieser Situation sich selbst überlassen und seine Bedeutung für eine Überwindung der Krise ist gering bis nicht vorhanden. Es scheint, dass es sich nur im kleinen Rahmen überhaupt lohnt, dass der Mensch sein Verhalten gegenüber der Umwelt optimieren will. Franziskus hingegen zeigt, dass alles miteinander verbunden ist und dass sich jede Handlung lohnt – sei sie noch so klein –Bereitschaft zu signalisieren aufeinander zuzugehen und sich um das „gemeinsame Haus“ zu sorgen. Als weiterer Dialogpartner der Kirchen werden Vertreter der Naturwissenschaften angesehen, die bezüglich des Klimawandels forschen. Deren Ergebnisse wurden in der Enzyklika Laudato Si‘ berücksichtigt und es wurde die Frage gestellt, wie diese die Motivation des christlichen Glaubens beeinflussen oder in Frage stellen können. Der Papst signalisiert eine große Bereitschaft in Dialog mit der naturwissenschaftlichen Forschung zu treten, zugleich zeigt er aber auch, dass diese Sicht alleine nicht die gesamte Wirklichkeit umfasst. Gerade der christliche Glaube zeigt eine erweiterte Sicht auf die Wirklichkeit und dass alle Bereiche miteinander verbunden sind. Die Kirchen können somit als Dialogpartner zwischen verschiedenen Bereichen fungieren. Um sich als dieser Dialogpartner im Klimadiskurs zu etablieren, müssen die Kirchen sich wieder mehr mit einer Theologie der Angstbewältigung beschäftigen, die es als Ziel hat, mit der aktuellen Herausforderung angemessen umzugehen. Es ist der ursprünglichsten Aufgabe von Religion die Menschen in ihren Ängsten ernst zu nehmen und nicht alleine zu lassen. Dies gilt auch für die Beschäftigung mit dem Phänomen der kollektiven Angst vor dem Klimawandel. Der Glaube kann eine Ressource sein, um mit dem Leid und dem Stress umzugehen.
Im dritten Schritt der Arbeit geht es um das Handeln, das von Vertretern der Kirchen durchgeführt wird, welches auf dem christlichen Glauben als Motivation beruht. Es wurde exemplarisch gezeigt, dass es Vertreter der Kirchen gibt, deren Handeln für den Klimaschutz auf dem christlichen Glauben als Motivation beruht. Prominentes Beispiel ist die Laudato Si‘ Generation, welche zeigt, wie das Lesen der Papstenzyklika zu fruchtbaren Aktionen führen kann. Sie möchte die Bedeutung der Enzyklika für alle Menschen erklären und Menschen mit ähnlichen Einstellungen zum Glauben und zum Klimaschutz verbinden. Es gibt Jugendliche, die sich sowohl in der Kirche als auch in der Umweltbewegung für eine gerechte Welt einsetzen. Allerdings sind global betrachtet noch wenige Berichte zu finden, die explizit zeigen wie sich diese beiden Engagements miteinander vereinbaren lassen.
Die Frage nach der Zukunft unseres Planeten ist eine Frage, die sich alle Bewohner dieser Erde stellen sollen. Daher birgt sie für die christlichen Kirchen die Möglichkeit das Verbindende im christlichen Glauben für die Schöpfungsverantwortung wahrzunehmen und so im ökumenischen Dialog wieder näher zueinander zu finden. Dies geschieht insbesondere im gemeinsamen rückfragen nach den Quellen der Motivation für die Schöpfungsverantwortung. Ebenfalls können vereint die Menschen angesprochen werden, die sich von den Kirchen entfernt oder diesen nie angehört haben. Es ist ebenfalls Aufgabe der Kirchen sich in den gesellschaftlichen Dialog einzubringen und in diesen Zeiten unterstützend zur Seite zu stehen, in denen neu gefragt wird, wie es nach der Corona-Krise wirtschaftlich weitergehen soll. Jetzt können die Kirchen zeigen, dass es ihnen wirklich ernst ist, eine nachhaltige Entwicklung zu fordern.