[Wiesbaden, 15.08.2023] Zwei Jahre nach der erneuten Machtergreifung der Taliban in Afghanistan ist all jenes eingetroffen, was abzusehen war – eine Steinzeitideologie, die jegliche Bildung für Mädchen ab 12 Jahren verbietet und den Zugang für Studentinnen zu einem Hochschulstudium gänzlich verhindert. Den jungen Frauen wurde jegliche Lebensperspektive für ein selbstbestimmtes Leben genommen und Zukunftsperspektiven zerstört. Vielen jungen Mädchen droht eine frühe Verheiratung und das Risiko, anderen Formen von Gewalt, Missbrauch und Ausbeutung ausgesetzt zu sein, steigt drastisch und Mädchen und Frauen werden aus dem öffentlichen Leben verbannt.
„Die nun eingerichteten Religionsschulen, ‚Madrasa‘, die auch für Mädchen über 12 Jahren zugänglich sind, sind keine adäquate Alternative zu ideologiefreien Schulangeboten und führen nicht zu einer Hochschulreife. Sie dienen stattdessen vordringlich der Verbreitung der Steinzeitideologie der Taliban und der Beruhigung der internationalen Gebergemeinschaft, da die Taliban dringend auf internationale Hilfsgelder angewiesen sind. Vor dem anstehenden Winter versuchen die Taliban, durch kosmetische Konzessionen nach drei Jahren der Dürre und dramatischen Lebensmittel-verknappung, notwendige Hilfsgelder zu bekommen. Aber ihre Steinzeitideologie ist nach wie vor die Richtschnur ihrer Politik und die internationale Gemeinschaft sollte dies nicht außer Acht lassen“, so Dr. Kambiz Ghawami, Vorsitzender des World University Service (WUS).
Der WUS begrüßt das vielfältige Engagement vieler afghanischer Familien und Einzelpersonen, die auf privater Ebene entweder vor Ort in Afghanistan in geheimen „Privatschulen“ Unterricht für Mädchen ab 12 Jahren oder Online-Kurse aus dem Ausland anbieten.
„Obwohl bereits Ende 2021 afghanische Exil-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler mit Unterstützung des WUS ein ausgereiftes Konzept für die ‚Afghan Online University‘ mit Studienangeboten, insbesondere für afghanische Studentinnen in Afghanistan sowie in den Flüchtlingslagern in den Nachbarstaaten von Afghanistan, erarbeitet haben (https://afghan-online-university.org/about-us) und das Europaparlament in einer Entschließung am 7. April 2022 die EU-Kommission aufgefordert hat, diese Online-Universität zu fördern, haben sich bisher weder die EU-Kommission noch die Bundesregierung abschließend zu diesem Projekt geäußert oder eine finanzielle Unterstützung zugesagt. Dabei ist es dringend notwendig, den jungen Frauen in Afghanistan ihr Menschenrecht auf Bildung zu ermöglichen und einen substantiellen Beitrag für die Zeit nach der Taliban-Herrschaft für ein selbstbestimmtes und freies Afghanistan zu leisten“, so Dr. Ghawami abschließend.