PRESSEMITTEILUNG: Déjà-vu mit dem Universitätsdiplom von Präsident Recep Tayyip Erdoğan

[Wiesbaden, 20.03.2025] – Die Entscheidung der Universität Istanbul, die nachweislich wie viele andere Universitäten in der Türkei seit Jahren ihre Autonomie verloren hat, dem Bürgermeister der türkischen Millionenstadt, Ekrem İmamoğlu, das Universitätsdiplom nachträglich zu entziehen und ihn damit von einer möglichen Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen in der Türkei auszuschließen, ist bemerkenswert.

Dass das Staatsoberhaupt der Republik Türkei den Artikel 27 der türkischen Verfassung, in dem es heißt: „Jedermann hat das Recht, Wissenschaft und Kunst frei zu lernen, zu lehren, auszudrücken, zu verbreiten und jede Art von Forschung in diesen Bereichen zu betreiben“, missachtet und ohne Legitimation außer Kraft setzt, hat Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan in den vergangenen elf Jahren seiner Präsidentschaft immer wieder gezeigt und damit die von ihm ernannten Hochschulleitungen zu seinen Erfüllungsgehilfen degradiert.

Im aktuellen Fall der Aberkennung des Universitätsdiploms von Oberbürgermeister Ekrem İmamoğlu ist bemerkenswert, dass Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan ein gefälschtes Universitätsdiplom der Marmara Universität aus dem Jahr 1981 als akademischen Grad in seiner Vita angibt, da nach der türkischen Verfassung ein Universitätsabschluss Grundvoraussetzung ist, um für das Amt des Staatspräsidenten kandidieren zu können.  Die Marmara-Universität wurde erst 1982 gegründet. Der Dekan und der Rektor der Universität, die beide die Urkunde unterzeichnet haben sollen, haben ihre Tätigkeit ebenfalls erst 1982 aufgenommen. Ein klarer Fall von Urkundenfälschung und ein Fall für die türkische Staatsanwaltschaft, die jedoch untätig blieb und bleibt.

Auf Nachfrage erklärte sein Pressesprecher vor den letzten Präsidentschaftswahlen 2023 lediglich: „Präsident Erdoğan hat so viele Ehrendoktorwürden aus aller Welt, dass sich die Frage erübrigt“. Nach Artikel 101 Absatz 1 der türkischen Verfassung ist eine der Grundvoraussetzungen ein abgeschlossenes Hochschulstudium.

„Wenn nun nach dem Verfassungsverständnis von Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan eine Ehrendoktorwürde als Ersatz für ein abgeschlossenes Hochschulstudium gilt, kann ich die deutschen Hochschulen nur ermutigen, Bürgermeister Ekrem İmamoğlu für die Wahrung der Wissenschaftsfreiheit und Verfassungstreue die Ehrendoktorwürde zu verleihen. Dies auch in Erinnerung an die zahlreichen Exilanten aus Deutschland während der NS-Zeit, die damals an türkischen Universitäten Schutz und Aufnahme fanden, wie z.B. der spätere Regierende Bürgermeister von Berlin Ernst Reuter, der Komponist Paul Hindemith oder der Finanzwissenschaftler Fritz Neumark, so Dr. Kambiz Ghawami, Vorsitzender des World University Service (WUS).