Masterarbeit, Fachbereich Human- und Gesellschaftswissenschaften, 88 Seiten, dt.
Zusammenfassung:
„Kinder und Jugendliche müssen angesichts wachsender Herausforderungen zukunftsorientierte Kompetenzen für ihre eigene Lebenswelt und ihre beruflichen und gesellschaftlichen Perspektiven entwickeln. Bildungssysteme müssen diese Qualifikationen ermöglichen, weil sich mit der Internationalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft die Tätigkeitsfelder und somit auch die Anforderungsprofile der Erwerbstätigen in nahezu allen Sektoren und Berufsfeldern verändern.“ (KMK/BMZ 2016, S. 23)
Dieses Zitat des ‚Orientierungsrahmens für den Lernbereich Globale Entwicklung‘ der Kultusministerkonferenz (KMK) und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zeigt auf, dass seit einigen Jahren das Bewusstsein dafür geschärft worden ist, dass Bildungssysteme in einer von dynamischen Globalisierungsprozessen gezeichneten Welt, auf die damit verbundenen Herausforderungen und Probleme reagieren müssen. Kinder und Jugendliche müssen bereits während ihrer Schullaufbahn mit diesen Herausforderungen konfrontiert werden, damit die erforderlichen Kompetenzen rechtzeitig ausgebildet werden können.
Globalisierungsprozesse bringen auf der einen Seite neue Chancen für Entwicklung und Fortschritt mit sich, denn „Technologiesprünge eröffnen Möglichkeiten für ein höheres Wirtschaftswachstum und intensiveren Austausch von Waren und Dienstleistungen, von Kapital und Wissen.“ (Wieczorek-Zeul 2000, S. 132) Die ausgebauten Kommunikations- und Verkehrstechniken bringen Produktionsmärkte und -standorte, aber auch Menschen, Gesellschaften und Staaten näher zusammen und können dazu beitragen das „gegenseitige Verständnis unterschiedlicher […] Lebensweisen zu verbessern“ (ebd.). Auf der anderen Seite lässt sich jedoch feststellen, dass Globalisierung neben den Gewinnern auch Verlierer hervorbringt, „weil die Voraussetzungen der einzelnen Staaten und ihrer Menschen ganz unterschiedlich sind. Der reine Prozess der Globalisierung ist weit davon entfernt, Chancengleichheit zu gewährleisten.“ (ebd.) Genau an dieser Stelle lassen sich Herausforderungen für nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche festmachen. So können nach Wieczorek-Zeul beispielsweise soziale Herausforderungen in einer von Armut und Ungerechtigkeiten geprägten Welt festgestellt werden (vgl. ebd., S. 134). Dies lässt sich zwischen den Ländern und zwischen den Menschen festmachen. Die Unterdrückung von Gewerkschaften, Diskriminierungen, Kinderarbeit und die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich sind nur einige dieser Herausforderungen (vgl. ebd.).
Globales Lernen kann demnach als pädagogische Antwort auf die entstandenen und entstehenden Probleme einer von Globalisierung gezeichneten Welt verstanden werden. Die KMK und das BMZ bieten in ihrem Orientierungsrahmen Anregungen den schulischen Unterricht an den Interessen Globalen Lernens auszurichten. Da sich der „der Lernbereich Globale Entwicklung noch kaum auf empirisch untermauerte und langjährig ausdifferenzierte Konzepte von Bezugswissenschaften beziehen [kann] [...] orientiert [er] sich daher weitgehend an der nationalen und internationalen Beschlusslage zur nachhaltigen Entwicklung und an einem didaktischen Konzept der Entwicklungsdimensionen“ (KMK/ BMZ 2016, S. 17), das sich auf die Leitidee der Rio-Konferenz für Umwelt und Entwicklung von 1992 bezieht. Globales Lernen ist somit ein neues Phänomen, welches erst seit kurzer Zeit an Schulen etabliert werden soll. Auch im außerschulischen Bereich lassen sich einige Projekte finden, die bundesweit durchgeführt werden und den Kriterien des Orientierungsrahmens zugrunde liegen (vgl. Portal Globales Lernen 2017). So vermittelt Bildung trifft Entwicklung (BtE) Referent*innen, die in Asien, Afrika, Mittel- und Südamerika gelebt haben, an Schulen, damit diese über die Lebensumstände dieser Länder informieren und die Lehrkräfte bei Unterrichtseinheiten und Workshops unterstützen (vgl. ebd.). Chat der Welten ermöglicht es Jugendlichen, mit anderen Schüler*innen aus aller Welt in Kontakt zu treten und sich mit Themen der Entwicklungs- und Umweltpolitik auseinanderzusetzen (vgl. ebd.). Das Projekt Eine Welt in der Schule versorgt Lehrkräfte mit Unterrichtsmaterialien zu globalen Themen. Dieses übersichtliche Angebot an außercurricularen Angeboten zu Themen des Globalen Lernens veranlasste die Mitarbeiter*innen von der Nichtregierungsorganisation (NGO) Masifunde Bildungsförderung e.V. dazu, Schulen in Deutschland ein neues Bildungsangebot, das bereits in Südafrika positive Effekte erzielen konnte, anbieten zu wollen. Das auf sechs Monate ausgelegte Projekt ‚Masifunde - Lasst uns global lernen‘ startete im September 2017 nach fast zweijähriger Planung und Fördermittelbeschaffung an drei Schulen bundesweit in den achten und neunten Jahrgängen. Vor der Durchführung dieses Projekts wurde jedoch die Frage gestellt, ob der Einsatz des südafrikanischen Konzepts an Schulen in Deutschland in Hinblick auf die gewählten Inhalte und Methoden (überhaupt) sinnvoll ist. Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Beantwortung dieser Frage. Die vorliegende Arbeit wirft einen allgemeinen Blick auf Globales Lernen, stellt unterschiedliche Perspektiven und Ansätze heraus und erörtert die Sinnhaftigkeit von Globalem Lernen. Außerdem beleuchtet sie die aktuelle politische und gesellschaftliche Situation im Hinblick auf die im Bildungsprojekt angebotenen Themen ‚Flucht und Migration‘, ‚Rassismus und Stereotype‘ und ‚Chancen und Herausforderungen einer multikulturellen Gesellschaft‘. Diese theoretische Darstellung dient als Grundlage für die inhaltliche Analyse der Bildungsmodule nach Klafki. So wird in dieser Arbeit herausgestellt, welche Relevanz die im Projekt ‚Masifunde - Lasst uns global lernen‘ gebotenen Themen für Schüler*innen haben, indem u.a. die Gegenwartsbedeutung, die Zukunftsbedeutung und die exemplarische Bedeutung betrachtet werden. Weiterhin wird auch die methodische Herangehensweise zur Vermittlung der genannten Themen analysiert