Stimme haben und gehört werden – Der Podcast als Teilhabe-Medium für Menschen mit psychischen Erkrankungen

Autor: Schneider, Sonja
Jahr: 2020

Bachelorarbeit, Fachbereich Angewandte Sozialwissenschaften, 111 Seiten, dt.

Zusammenfassung:

Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit steht die Entwicklung einer Projektkonzeption (inklusive Evaluation), die anhand einer konkreten Einrichtungssituation der Sozialpsychiatrie entworfen wird. Es handelt sich um ein Podcast-Projekt, das von Menschen mit einer psychischen Erkrankung geplant, durchgeführt und reflektiert wird. Von Seiten der Sozialen Arbeit, deren professionsethischer Auftrag es ist, Teilhabe und Selbstbestimmung ihrer Adressat*innen zu fördern, ist das Ziel dieses Projekts, die Teilhabechancen von Menschen mit psychischen Erkrankungen durch (Selbst-)Bildungsprozesse in Bezug auf Medienkompetenz zu verbessern und durch die Teilnahme an Prozessen der Onlinekommunikation und Unterhaltungsproduktion das Erleben von Selbstwirksamkeit zu stärken.

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) und das gerade in der Umsetzung begriffenem Bundesteilhabegesetz (BTHG) als Inklusions- und Teilhabestärkungs-Gesetz fordern eine individuelle und selbstbestimmte Lebensführung sowie die volle Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft für psychisch-erkrankte Menschen. Gleichzeitig zeigen Ergebnisse aus Forschung und Wissenschaft, dass die Inklusion und Teilhabemöglichkeiten von schwer psychisch erkrankten Menschen noch weit hinter den gesteckten Zielen und Forderungen zurückliegen. Einen großen Anteil daran haben anhaltende Selbst- und Fremdstigmatisierungsprozesse, denen die Sozialpsychiatrie mit verschiedenen Ansätzen und Konzepten zu begegnen versucht. Dabei steht sie vor der Herausforderung, neben dem geschützten Rahmen, den sie Menschen mit einer psychischen Erkrankung bietet und bieten soll, auch die Öffnung und Durchlässigkeit in die Gesellschaft hinein als ihre Aufgabe wahrzunehmen, um diesen Stigmatisierungsprozessen zu begegnen.

Da digitale Medien und Internetkommunikation heute einen wesentlichen Beitrag zur gesellschaftlichen Teilhabe leisten und als Medien und Orte zur Informationsbeschaffung- und gabe, zu Begegnung und Kommunikation eine wichtige soziale Funktion erfüllen, sollte auch Soziale Arbeit die Nutzung digitaler Medien u.a. durch (Selbst-)Bildungskonzepte fördern, unterstützen und für die Anliegen ihrer Zielgruppen fruchtbar machen.

Diese Arbeit soll eine Brücke schlagen zwischen dem Recht auf Teilhabe, dem Auftrag Sozialer Arbeit in Bezug auf die soziale Existenz des Menschen, den Folgen psychischer Erkrankungen und den Möglichkeiten digitaler Medien. Der Podcast als Beispiel eines modernen Kommunikationsformats im Internet dient dabei als das verbindende Medium.

Im ersten Kapitel geht es darum, die Begriffe Teilhabe und Selbstbestimmung sowohl inhaltlich als auch rechtlich einzuordnen. Nach einer Bestimmung des Teilhabebegriffs wird dargestellt, wie das Recht auf Teilhabe in der deutschen Gesetzgebung verankert ist und welche Leistungen sich daraus für betroffene Menschen ergeben. Vergleichend werden anschließend die aktuellen Teilhabemöglichkeiten und -Grenzen von Menschen mit psychischen Erkrankungen aufgezeigt und Stigmatisierung in ihren unterschiedlichen Facetten als wesentliche Teilhabebarriere beleuchtet. Überlegungen zum professionsethischen Bezug der Sozialen Arbeit zur Teilhabe beschließen das erste Kapitel.

Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit dem sozialpsychiatrischen Feld und seinen Adressat*innen. Nach einer Zusammenstellung aktueller Zahlen und Fakten zu psychischen Erkrankungen in Deutschland, wird der Versuch unternommen, das Besondere an den Phänomenen psychischer Erkrankungen bzw. Störungen herauszustellen, um Gefährdungen, aber auch Hinweise auf eine multiperspektivische Haltung zu psychischen Erkrankungen zu erlangen. Nach einem Überblick über die Psychiatriegeschichte schließt sich die Vorstellung wesentlicher Leitgedanken und Ansätze der heutigen Sozialpsychiatrie an.

Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit dem Feld der digitalen Medien und Onlinekommunikation. Auf eine Bestimmung der Begrifflichkeiten folgt ein Blick in die aktuellen Zahlen und Fakten zur Internetnutzung in Deutschland. Anschließend geht es um die Darlegung der Teilhabemöglichkeiten und -Grenzen digitaler Medien, an welche die Frage nach dem Recht auf digitale Teilhabe für Menschen mit psychischen Erkrankungen anknüpft. Darauf folgt ein Einblick in die aktuelle digitale Mediennutzung innerhalb der Sozialen Arbeit und der Sozialpsychiatrie. Der letzte Abschnitt steht schließlich ganz im Zeichen des in der folgenden Projektkonzeption verwendeten digitalen Mediums: dem Podcast.

In Kapitel vier erfolgt schließlich die Konzeption des Podcast-Projekts „Stimme haben und gehört werden“.