Bachelorarbeit, Fachbereich Geographie, 63 Seiten, dt.
Zusammenfassung:
Bildung für nachhaltig Entwicklung, kurz BNE, wird mittlerweile mehr und mehr „[…] als Schlüsselfaktor für eine nachhaltige Entwicklung anerkannt“ (DUK 2014, S. 9) und ist als solcher auch in das Unterziel 4.7 der Sustainable Development Goals der Agenda 2030 eingeflossen (vgl. UN 2015, S. 21). Auf nationaler und internationaler Ebene wird also die Relevanz einer Bildung für nachhaltige Entwicklung zur Förderung einer solchen Entwicklung zunehmend anerkannt und berücksichtigt. Zur Umsetzung einer Bildung für nachhaltige Entwicklung gibt es jedoch eine Vielzahl von Ansätzen, Möglichkeiten und verwandten Bildungsdiskursen, beispielsweise das Globale Lernen oder die Umweltbildung, welche einen unterschiedlich großen Forschungsbedarf aufweisen.
Die vorliegende Abschlussarbeit behandelt die Schnittstelle zwischen einer Bildung für nachhaltige Entwicklung und dem Einsatz von Geomedien in Bildungskontexten, da hierzu wenige Publikationen vorliegen und somit ein Forschungsdefizit identifiziert wurde. Die zentrale Forschungsfrage lautete dabei ‚Wie werden Geomedien in der Bildung für nachhaltige Entwicklung eingesetzt?‘. Das Ziel der Arbeit war also herauszustellen, wie Geomedien in der Bildung zugunsten einer nachhaltigen Entwicklung genutzt werden und welche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede es im Einsatz in der Bildungsarbeit je nach Zielen und Kontext gibt, welche Bandbreite an Möglichkeiten vorhanden ist und den Lehrenden zur Verfügung steht. Auch wurde untersucht, wie Geomedien die Ziele der Bildung für nachhaltige Entwicklung unterstützen.
Zur Beantwortung dieser Fragen wurde als Forschungsdesign eine Dokumentenanalyse durchgeführt, welche auch zeitgleich die Hauptmethode der Datenerhebung darstellte. Es wurden insgesamt 35 Dokumente erhoben: 23 Materialien, die in der Bildung zum Einsatz kommen oder Bildungseinheiten beschreiben und evaluieren, neun einzelfallbasierte wissenschaftliche Publikationen, welche den Materialien aus der Praxis gegenüber gestellt wurden, sowie ergänzend zwei leitfadengestützte Experteninterviews und eine strukturierte teilnehmende Beobachtung, welche genutzt wurden, um die Erkenntnisse aus der Dokumentenanalyse zu erweitern und zu vertiefen. Zur Auswertung der Daten wurde eine qualitative Inhaltsanalyse durchgeführt.
Als theoretische Grundlage wurde neben Fachliteratur zu Bildung für nachhaltige Entwicklung und verwandten Konzepten sowie medientheoretischen Werken insbesondere auf den Diskurs innerhalb der Geographiedidaktik zurückgegriffen. Diese ist ein in sich stark interdisziplinär geprägter Bereich, welcher Geographie und allgemeine Didaktik zusammenführt.
Als Ergebnis der Arbeit zeigte sich, dass Geomedien in der Bildung für nachhaltige Entwicklung in analoger und digitaler Form in diversen Kontexten in unterschiedliche Themen eingebettet werden und dabei verschiedene Funktionen erfüllen. Die untersuchten Medien können dabei in ihrer Gesamtheit alle Funktionen erfüllen, die in der Theorie zu Medien im Lehr-Lern-Prozess benannt werden. Diese üben sie in Bildungseinheiten bezüglich des didaktischen Ortes insbesondere in Form von Erarbeitungs- und Darbietungsmedien oder als Sicherungs- und Übungsmedien aus, können aber auch als Motivationsmedien fungieren. Als fundierendes Unterrichtsprinzip wird insbesondere die Kompetenzorientierung genannt, dabei steht die Gestaltungskompetenz im Sinne der BNE an erster Stelle. Als regulierende Prinzipien werden speziell Selbsttätigkeit und das damit verbundene selbstorganisierte Lernen benannt. Im Medieneinsatz zeigte sich in Dokumenten, die neben der BNE auch dem Globalen Lernen nahestehen, dass diese verglichen mit jenen, die der Umweltbildung nahestehen, eher zu Konzepten neigen, die analoge Geomedien verwenden, während in der Umweltbildung ein Fokus auf digitale Geomedien vorliegt. Weitere Auffälligkeiten der Ergebnisse fanden sich beispielsweise im Bereich des Alters der Zielgruppe. Die meisten Konzepte richten sich an Jugendliche der Sekundarstufe I und II, woraus die Chance resultiert, Bildungseinheiten speziell für jüngere oder ältere Zielgruppen zu konzipieren und damit weitere Personengruppen erreichen zu können. Geomedien stellen aufgrund dieser vielseitigen Möglichkeiten ‚Allrounder‘ im BNE-Bildungseinsatz dar, deren Verwendung auf Basis der untersuchten Dokumente zielführend und einer nachhaltigen Entwicklung zuträglich erscheint.
Um die Möglichkeit einer Verstetigung und Übertragung auf die Praxis zu bieten, wurden die Ergebnisse der durchgeführten Analyse in ein Ablaufmodell übertragen, welches zur Konzeption eines Geomedieneinsatzes in der BNE genutzt werden kann. Dieses wurde daraufhin mit einem vereinfachten Umsetzungsbeispiel veranschaulicht, hierzu wurde ein Geomedium für den Einsatz im Rahmen der World Citizen School Tübingen, einer Bildungsinstitution im Umfeld der Universität, entworfen. Darüber hinaus wurde im Anhang eine Übersicht mit Referenzen zu bestehenden Materialien angelegt, welche eine Hilfestellung bei der Erarbeitung einer Bildungseinheit sein können.
Auch im Bereich der Forschung sind Anschlussmöglichkeiten gegeben; es besteht weiterer Forschungsbedarf im Bereich der Geomediennutzung in der Bildung für nachhaltige Entwicklung aufgrund des marginalen Diskurses zu diesem Schnittbereich. Ein mögliches Forschungsthema ist beispielsweise die Durchführung einer strukturierten Evaluation von Bildungseinheiten, um die These, dass Geomedien der BNE zuträglich sind, zu überprüfen. Im Rahmen einer solchen Beurteilung könnte auch der ökologische Fußabdruck der genutzten Geomedien erfasst und berücksichtigt werden. Auch eine Übertragung der Ergebnisse auf andere Medientypen beziehungsweise ein Vergleich mit diesen ist denkbar.
Literatur
DUK - Deutsche UNESCO-Kommission (2014): UNESCO-Roadmap zur Umsetzung des Weltaktionsprogramms "Bildung für nachhaltige Entwicklung". Bonn.
UN - United Nations (2015): Transforming Our World: The 2030 Agenda For Sustainable Development.