Bachelorarbeit, Fachbereich Sozialwesen, 87 Seiten, dt.
Zusammenfassung:
Böhnisch (2020:19) erläutert, dass die Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung nur unter Berücksichtigung von ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekten gelingen kann. Denn, laut Grunwald/Kopfmüller (2012: 15), tritt der Zusammenhang von globalem Wandel und sozialer Ungleichverteilung signifikant hervor. So ist unverkennbar, dass die in den Entwicklungsländern vorzufindenden Armutslagen in engem Zusammenhang zu den Produktionsverfahren und dem Konsumverhalten der Industriestaaten stehen (vgl. Pufé 2017: 43). Aber selbst in den Industriestaaten vergrößert sich Böhnisch (2020: 64 f.) zufolge das Gefälle zwischen armen und wohlhabenden Bevölkerungsgruppen. Mit der Agenda 2030 scheint die sozial- und umweltpolitische Zielsetzung mit den Sustainable Devolopment Goals erreichbar (vgl. Opielka 2017: 8).
Indessen weist Rosa (2016a: 113 f.) auf die soziale Beschleunigung hin, die den technischen Bereich und somit auch den sozialen Wandel ergriffen hat, indem sie das Tempo der Veränderungen, die im privaten, beruflichen und kulturellen Leben vonstatten gehen, fortwährend erhöht. Das zunehmende Lebenstempo verändert, so Rosa (2016b: 100 f.), das Identität prägende Zusammenspiel von Raum, Zeit und sozialen Beziehungen. Dies führt zu Selbst- bis hin zur Weltentfremdung, womit Rosa eine gestörte Beziehung des Selbst zu seinem In-der-Welt-sein versteht (ebd.142). Ferner treibt Böhnisch (2020: 45) zufolge der grenzenlose Konsum die Menschen an und zwingt sie in Externalisierungsprozesse, die auch als Entfremdungsprozesse verstanden werden können. So zeigt sich im Konsumismus, ein gesellschaftlich verinnerlichtes Wesensmerkmal, welches in vereinheitlichen Bedürfnissen zum Ausdruck kommt, die den Konsum immer weiter in die Höhe treiben (vgl. Bauman 2009: 41). Die Folgen der Konsumorientierung sieht Bauman (ebd.: 157) in „Beziehungslosigkeit und Gleichgültigkeit“. Aber auch die gesellschaftlichen Beschleunigungstendenzen tragen, laut Rosa (2016b: 142 f.) dazu bei, dass Menschen immer weniger in der Lage sind sich den Lebensgeschichten anderer zuzuwenden. Indes zeigen sich Grunwald/Kopfmüller (2012: 11, 31) zufolge die ethischen Aspekte der Nachhaltigkeit in der Verantwortungsübernahme gegenüber der heutigen und zukünftigen Menschheit als auch in dem Aufzeigen globaler Ungerechtigkeiten. Jedoch trägt die moderne Gesellschaft mit ihren Individualisierungstendenzen wesentlich dazu bei, dass Menschen immer weniger gewillt sind Verantwortung für andere zu tragen (vgl. Bauman 2009: 67). Daher ist die Entwicklung einer empathischen Haltung, die es den Menschen erlaubt ihre Wahrnehmungsfähigkeit zu erweitern und somit die Fähigkeit zu erlangen ihr eigenes Lebens mit denen der anderen zu verknüpfen, unabdingbar (vgl. Böhnisch 2020: 102).
Schumacher (2018: 73) erläutert, dass die Soziale Arbeit durch ihr Handeln am Menschen gesellschaftliche Prozesse anstoßen, aber auch als Teil der gesellschaftlichen Ordnung von Innen heraus Einfluss auf die Gesellschaft nehmen kann. Indes kann sich laut Böhnisch (2020: 9) auch die Soziale Arbeit dem Ökonomisierungsstrudel des Sozialen nicht entziehen. Will die Soziale Arbeit den Menschen, der im Mittelpunkt ihres Interesses steht, jedoch in angemessener Weise unterstützen, muss sie sich einerseits ihrer theoretischen Grundlagen und ihres methodischen Wissens bewusst sein, andererseits über die Bereitschaft verfügen sich mit ethischen Fragestellungen auseinanderzusetzen (vgl. Schumacher 2018: 207 f.). Mit dem Konzept der Lebensbewältigung können psychosoziale „Gesetzlichkeiten“ erklärt werden, die sich daraus ergeben, dass der Mensch bestrebt ist seine Handlungsfähigkeit „in der Spannung von Selbstbehauptung und Anerkennung“ aufrechtzuerhalten oder wiederzuerlangen. Die subjektiven Bewältigungsstrategien geben Aufschluss über das notwendige sozialarbeiterische Handeln (vgl. Böhnisch u.a. 2005: 264). Jedoch können Anerkennungserfahrungen, laut Böhnisch u.a. 2005: 253), nur gesammelt werden, wenn Individuen Gerechtigkeit im Sinne von gleichen Zugangsmöglichkeiten zuteil wird, die es ihnen erlauben auf ihre Lebensziele hinzuarbeiten. Die dadurch erlangte Selbstachtung erlaubt es ihnen ihre Einstellungen und Handlungen zu reflektieren und gegebenenfalls zu korrigieren (vgl. Pauer-Studer 2000: 58 f.). Ferner kann sich ein Verantwortungsbewusstsein gegenüber der heutigen und zukünftigen Menschheit nur entwickeln, wenn es gelingt die ethischen Grundlagen in den dazu notwendigen „Such-, Lern- und Erfahrungsprozess“ der Menschen einfließen zu lassen (vgl. Grunwald/Kopfmüller 2012: 15, 31). Daher kann soziale Nachhaltigkeit Böhnisch (2020: 19) zufolge nur verwirklicht werden, wenn soziale und kulturelle „Ressourcen wie Solidarität, Partizipation, Gemeinwohl- und Netzwerkorientierung“ entwickelt und bewahrt werden. Somit ist sich eine nachhaltige Soziale Arbeit, laut Böhnisch 2016: 203), zum einen der Wichtigkeit ihrer „Infrastruktur als mögliches Medium sozialer Nachhaltigkeit“ bewusst, zum anderen weiß sie um ihr Potential ökonomische Konzepte, denen eine nachhaltigkeitsorientierte Ausrichtung zugrunde liegt, mit ihrem Wissen und ihren Kompetenzen unterstützend zu begleiten (ebd. 205). Ferner können Selbstwirksamkeit und Anerkennung fördernde Projekte der Sozialen Arbeit dazu beitragen, dass Individuen sich Nachhaltigkeit unterstützenden Verhaltensweisen zuwenden (ebd.: 46).
Indes kann der Diskurs um eine nachhaltige Entwicklung nicht ohne Einbezug der Geschlechterfrage geführt werden (ebd. 29 f.). So sehen sich Frauen. Grunwald/Kopfmüller (2012: 38) zufolge vielfachen Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten ausgesetzt. Ferner muss auf die unterschiedliche „Problemwahrnehmung und Machtausübung“ hingewiesen werden. So spiegeln sich in den ökonomischen Prozessen, laut Böhnisch 2020: 196), die Externalisierungstendenzen der männlichen Bewältigungsstrategien. Daher ist es das Anliegen einer nachhaltigkeitsorientierten Sozialen Arbeit Räume zu schaffen, in denen männliche Externalisierungszwänge ihre Notwendigkeit verlieren (ebd.).
Literaturverzeichnis
Bauman, Zygmunt (2009): Leben als Konsum, Hamburg
Böhnisch, Lothar (2016): Lebensbewältigung. Ein Konzept für die Soziale Arbeit, Weinheim und Basel
Böhnisch, Lothar (2020): Sozialpädagogik der Nachhaltigkeit. Eine Einführung, Weinheim und Basel
Böhnisch, Lothar/Schröer, Wolfgang/Thiersch, Hans (2005): Sozialpädagogisches Denken. Wege zu einer Neubestimmung, Weinheim und München
Grunwald, Armin/Kopfmüller, Jürgen (2012): Nachhaltigkeit. 2., aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main
Opielka, Michael (2017): Soziale Nachhaltigkeit. Auf dem Weg zur Internalisierungsgesellschaft, München
Pauer-Studer, Herlinde (2000): Autonom leben. Reflexionen über Freiheit und Gleichheit, Frankfurt am Main
Pufé, Iris (2017): Nachhaltigkeit. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Konstanz und München
Rosa, Hartmut (2016a): Beschleunigung. Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne, 11. Auflage, Frankfurt am Main
Rosa, Hartmut (2016b): Beschleunigung und Entfremdung. 5. Auflage, Berlin
Schumacher, Thomas (2018): Mensch und Gesellschaft im Handlungsraum der Sozialen Arbeit. Ein Klärungsversuch, Weinheim und Basel